1906 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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„Blauer Erde", in der der Bernstein in großer Menge vorkommt. Diese Erde
wird in Schächten zu Tage gefördert und dann zerwaschen und gesiebt. Die
Hanptgrnben liegen bei Palmnicken an der Westküste Samlands. Die berg-
männischen Betriebe beschäftigen ungefähr 1400 Arbeiter und Beamte, und die
jährliche Ausbeute beträgt nahezu 500000 kg.
Die Bernsteinstücke sind von verschiedener Größe. Der schwerste bis jetzt
gewonnene Klumpen wiegt 6,750 kg und wird im Berliner Museum aufbewahrt.
Je nach der Farbe und Durchsichtigkeit unterscheidet man verschiedene Arten von
Bernstein, die im Preise sehr voneinander abweichen. Der meiste Bernstein
wird roh verschickt. (Jährliche Ausfuhr — 100000 kg im Werte von 1 Mill. Jt).
Verwendet wird er in erster Linie zu Zigarrenspitzen, die hauptsächlich in Wien
hergestellt und von dort in alle Welt versandt werden. Ferner fertigt man
daraus Perlen, Halsketten, Broschen, Armbänder n. a. Dinge. Die Abfälle und
kleineren Stücke wie auch minderwertige Sorten werden zu Bernsteinlack ver-
arbeitet. Die Hanptsitze der Bernsteindrechslerei in Deutschland sind Danzig,
Königsberg, Stolp und Ruhla. (S. 75.) Einen Hauptausfuhrartikel bilden
mohammedanische Betkränze, aus je 102 Perlen bestehend, deren jährlich etwa
40000 Stück aus Deutschland nach dem Morgenlande versandt werden. Jährlich
Werden für etwa 2mill. Ji Bernstein zu Zigarren- und Pfeifenspitzen, für
145 000 Jt zu Perlen und für 190000 Jl zu Lack verarbeitet.
Die Bernsteingewinnung ist an der preußischen und einem Teil der pommerschen
Küste ein Vorrecht der Regierung. Nur dazu berechtigte Personen dürfen also auf Bern-
steinfischerei ausgehen. Wer sonst ein Stück Bernstein findet, muß es abliefern, doch
erhält der Finder eine Belohnung von einem Zehntel des Wertes. Von 1860—1899 hatte
die Firma Stantien und Becker iu Königsberg fast die gesamte Bernsteingewinnung in
Pacht. Die Pachtsumme, die anfänglich nur 3000v Ji betrug, war in den letzten Jahren
auf 800000 Ji gestiegen. 1899 hat die Regierung die Bernsteinwerke der genannten
Firma gekauft und betreibt sie jetzt auf eigne Rechnung.
Der Bernstein ist das verhärtete Harz ausgestorbener Nadelholzbäume, die einst,
untermischt mit Eichen, Lorbeerbäumen und Palmen, als dichter Wald das n. Europa
bedeckten. In dem Waldboden häufte sich das Harz im Laufe der Jahrtausende zu großen
Mengen an, während die Bäume vermoderten und neuen Platz machten. Als sich später
das Meer darüber ergoß, wurde der alte Waldboden zerwaschen, und es bildete sich die
„Blaue Erde", deren Entstehung der Tertiärzeit angehört. Dieser Erdschicht entstammt
aller Bernstein. In andere Schichten ist er erst nachträglich geraten. Als z. B. zur
Eiszeit der große nordische Gletscher vordrang, gelangte er mit dem fortgerissenen Boden
in die Diluvialablagerungen und später durch die Tätigteit der Gletscherwasser in den
Alluvialbodeu und in die Ostsee. Vom deutschen Urstrom (S. 149) wurden große Mengen
auch der Nordsee zugeführt.
Das Weichselgebict. Der w. vou der Weichsel gelegene Teil Preußens
(Pommerellen) gehört dem Gebiete des Pommerschen Landrückens an und ist
wenig fruchtbar. Am ungünstigsten gestellt ist die große Tucheler Heide,
die von der Brahe durchflössen wird und zum großen Teile mit Kiefernwald
bedeckt ist. Sehr unfruchtbar ist auch die weiter u. gelegene Kafchnbei, die