1909 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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stark befestigt und der Sitz einer Universität. Die innere Stadt hat ganz das Aussehen
westeuropäischer Hauptstädte, lange Straßenzüge mit Prachtbauten und glänzenden
Läden. Aber in den Außenbezirken haust eine arme Bevölkerung in niedrigen, elenden
Hütten, die sich, von Gärten unterbrochen, an breiten dorfartigen Straßen hinziehen.
Ein witziger Franzose hat Bukarest mit dem Zylinderhute auf dem Kopfe eines Barbaren
verglichen.
An der Donau, in der Nähe der Serethmündung, wo See- und Flußschiffahrt sich
berühren, liegen die Hafenstädte Braila (bra-Ua, 59 000 E.) und Galatz (65 000 E.),
die Hauptversandplätze des Landes für Getreide und Holz. Von den kleineren Donauhäfen
sind die wichtigsten Turn-Severin (20 000 E.) in der Nähe des Eisernen Tores und
Dschürdschewo (16000 E.), dem bulgarischen Rustschuk gegenüber, wo die Bahn von
Bukarest nach Warna die Donau überschreitet. Im Binnenlande der Walachei sind be-
merkenswert Krajova (46 000 E.) am Schyl, der Mittelpunkt der w. vom Alt gelegenen
sog. Kleinen Walachei, und Ploeschti (47 Ooo E.), am Fuße des Gebirges n. von Bukarest.
Die Hauptstadt der Moldau ist Jassy (juschi, 80000 E.), das zur Hälfte von Juden
bewohnt wird. Es vermittelt hauptsächlich den Handel mit Rußland und hat eine Universität.
Neben westeuropäischem Luxus, dem die in prächtigen Palästen wohnenden Bojaren frönen,
finden wir auch hier, wie in allen morgenländischen Städten, überwiegend Armut und
Elend, krumme, von Schmutz starrende Straßen und armselige Hütten, in denen eine ver-
kommene Bevölkerung lebt. In der Dobrudscha, am Schwarzen Meere, liegt die auf-
blühende Hafenstadt Konstanza oder Küstendsche (11 Ooo E.). Sie verdankt ihre Bedeutung
der neuen Bahnlinie, die von Bukarest kommend, bei Tschernawöda auf großartiger Brücke
die Donau überschreitet und den weiten Umweg durch das Donaudelta erspart.
Der Staat. Rumänien ist ein verfassungsmäßiges Königreich mit zwei
Kammern. Das stehende Heer zählt 70 000 Mann, die Kriegsflotte 38 Fahr-
zeuge, darunter 4 Panzerkanonenboote.
Seit dem 13. Jahrhundert bestanden zwei Fürstentümer, die Moldau und die
Walachei, die später von den Türken abhängig wurden. Anfänglich behielten sie noch eine
gewisse Selbständigkeit und einheimische, vom Adel und von der Geistlichkeit gewählte Fürsten
oder Hospodare. Im 18. Jahrhundert aber ging die Pforte dazu über, die Fürstenwürde
an Griechen aus Konstantinopel zu vergeben, die ihr Amt teuer bezahlen mußten und nun
die von ihnen verwalteten Fürstentümer auf alle Weise aussogen. Nachdem die beiden
Länder 1829 wieder einheimische Fürsten bekommen hatten, erlangten sie nach dem Krim-
kriege (1856) auch wieder größere Selbständigkeit und vereinigten sich 1862 zu einem
Staate, dem Fürstentum Rumänien, zu dessen Herrscher durch Volkswahl Karl I. aus dem
Hause Hohenzollern-Sigmaringen gewählt wurde. Durch die Beteiligung am Kriege der
Russen gegen die Türken (1878) erhielt Rumänien völlige Unabhängigkeit und den Besitz
der Dobrudscha, wofür es aber Bessarabien, das bisher zur Moldau gehört hatte, an Ruß-
land abtreten mußte. 1881 wurde es zum Königreich erhoben. Unter der Regierung des
Hohenzollernfürsten, dessen Gemahlin Elisabeth, eine geborene Prinzessin von Wied, unter
dem Namen Carmen Sylva als Dichterin bekannt ist, hat Rumänien gewaltige Fort-
schritte gemacht. Der tatkräftige Herrscher hat dem Lande eine Verfassung gegeben, eine
geordnete Verwaltung eingeführt, für die Anlage von Bahnen und Landstraßen gesorgt,
ein achtunggebietendes Heer geschaffen und vor allem Bedeutendes zur Hebung des Bauern-
standes getan.