1909 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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langes grades Messer, der Handschar, u. a. Mordwerkzeuge. Die Armut des Landes hat
die Montenegriner oft genötigt, Raubzüge in die umliegenden Landschaften zu unter-
nehmen, weshalb sie von allen Nachbarn gefürchtet und gehaßt werden. Arbeit galt früher
und gilt z. T. noch heute des freien Mannes für unwürdig. Sie lag fast ganz den
Frauen ob, die nicht nur die häuslichen Geschäfte und die Feldarbeit, sondern vielfach auch
auf den beschwerlichen Gebirgspfaden den Handelsverkehr besorgen mußten. In der
Friedenszeit der letzten Jahrzehnte hat sich eine Wandlung der Anschauungen vollzogen,
und es tritt das ernste Bestreben hervor, der Kultur der andern europäischen Völker nach-
zueifern. An der Spitze des Staates steht ein erblicher Fürst, der bis 1905, wo das Land
eine Verfassung erhielt, fast unumschränkte Gewalt besaß. Montenegro steht ganz unter
dem Einflüsse Rußlands, das auch einen erheblichen Zuschuß zu den geringen Staats-
einnahmen zahlt.
Die Bevölkerung wohnt meist in weit auseinanderliegenden einzelnen Höfen oder
kleinen Dörfern (Abb. 24). Der Hauptort Cetinje (tschettlnje, 4000 E., Abb. 25) liegt
in einem von öden Kalkbergen umschlossenen Becken und ist mit Cattaro durch eine Kunst-
straße verbunden. Etwas größer ist das in einer fruchtbaren Talebene gelegene
Podgoritza (7000 E.).
Iv. I)ie Europäische Wrkei.
(169000 qkm, 6,1 Mill. E., 36 auf 1 qkm).
Die Europäische Türkei erstreckt sich heute nur noch über die Südhälfte
vom Rumpfe der Balkanhalbinsel. Der W. gehört dem Dinarischen Gebirge
an, die Mitte und der O. dem Rumelischen Schollenlande.
a) Die natürlichen Landschaften der Türkei.
Das Dinarische Gebirge, dessen nw. Teil wir bereits kennen (S. 68)
ist eins der größten Gebirge Europas. An Höhe zwar geht es nirgends über
2700 in hinaus, aber seine Breitenentwicklung ist beträchtlich, und an Länge
übertrifft es die Alpen um ein Drittel. Die Oberflächenformen, der innere
Aufbau und die geologische Zusammensetzung sind im wesentlichen überall die-
selben. Das Gebirge besteht aus zahlreichen gleichlaufenden Faltenzügen, die im
allgemeinen der Richtung der Küste folgen. Die Längstäler sind meist schmal,
die Quertäler schluchtenartig und häufig unzugänglich, wodurch der Verkehr in
wö. Richtung sehr erschwert wird. Die mittleren Züge des Gebirges bestehen
aus kristallinischen Schiefern und tragen zum Teil noch reichen Waldschmuck,
während sich zu beiden Seiten, namentlich im W., Kalkgebirge ausbreiten. Diese
sind meist kahl und öde und zeigen alle Eigentümlichkeiten des Karsthochlandes,
bald in stärkerer, bald in schwächerer Ausprägung: Einsturztrichter, Wannentäler,
unterirdische Flüsse, Höhlen, steinige, wasserlose Hochflächen usw. (S. 69).
Das Gebirge gliedert sich in zwei Hauptabschnitte, deren Grenze der Küstenknick an
der Drinmündung bezeichnet. Bis dahin haben die Bergketten sö. Richtung und enden
mit dem nach N.-O. umgebogenen Zuge der Nordalbanischen Alpen (2300 m). Von
der Drinmündung ab zieht die Küste nach S., während die Bergzüge nicht ganz dieser