1909 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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doch wurde Kreta als selbständige türkische Provinz einem griechischen Prinzen als Statt-
halter unterstellt. Seit 1863 herrscht König Georg aus dem dänischen Königshause. Die
Entwicklung des Staates leidet sehr unter dem politischen Parteigetriebe. Die freiheitliche
Verfassung, die dem so lange geknechteten und politisch noch ganz unreifen Volke verliehen
wurde, hat dem Lande nur Unsegen gebracht. „In 34 Jahren haben sich 42 verschiedene
Ministerien abgelöst, und damit hat jedesmal das ganze Beamtentum gewechselt. Dieser
Mangel an Stetigkeit in der Verwaltung ist ein moralischer Verderb für das Land. Auch
die Vergeudung der Staatsmittel verdankt man dieser Parlamentsherrschaft, da das Geld
zu Wahlzwecken und Parteiinteressen verbraucht wird" (Philippson).
3. Die Balkanhalbinsel im allgemeinen.
Lage. Die Balkanhalbinsel bildet infolge ihrer Lage das Bindeglied zwischen
Europa und dem Morgenlande, und darauf beruht ihre Weltstellung. Nur eine
schmale, stromartige Meeresstraße trennt sie von Kleinasien, das ihr auf halbem
Wege entgegeukommt, und weiter s. bilden die zahlreichen Inseln des Ägäischen
Meeres gleichsam die Pfeiler einer gewaltigen Brücke, die von dem einen Erd-
teile zum andern hinüberreicht. So kam insbesondere Griechenland schon früh
mit der alten, hochentwickelten Kultur Vorderasiens und Ägyptens in Berührung.
Die fruchtbaren Keime, die es von dort empfing, hat dann das hochbegabte
Griechenvolk zu selbständiger und eigenartiger Entfaltung gebracht und ist damit
der Lehrmeister Europas geworden. Im Mittelalter und in der Neuzeit treten
die wirtschaftlichen Beziehungen in den Vordergrund. Zwei große Verkehrswege
— Weltstraßen — aus Mitteleuropa nach dem Morgenlande führen durch die
Halbinsel: eine, die das Morawa- und Wardartal benutzt, endet bei Saloniki
und stellt die kürzeste Verbindung mit dem Sueskanal, mit Ägypten und Syrien
her. Die andere, der jetzt die Orientbahn folgt, geht über Belgrad, Sofia,
Philippopel und Konstantinopel nach Kleinasien. Sie wird noch an Bedeutung
gewinnen, wenn erst die Bagdadbahn, die Konstantinopel mit Mesopotamien
und dem Persischen Meerbusen verbinden soll, fertiggestellt sein wird. Mit
diesem Landwege kreuzt sich bei Konstantinopel eine wichtige Wasserstraße, die
ebenfalls von der Balkanhalbinsel beherrscht wird, der Durchgang vom Schwarzen
zum Mittelländischen Meere. Diese Straße ist namentlich für Rußland von
größter Bedeutung, da sie den Süden des Riesenreiches mit dem Indischen und
dem Atlantischen Ozean in Verbindung setzt. Auf ihr hauptsächlich versendet
es sein Getreide und das Petroleum vom Kaukasus. Es ist darum erklärlich,
daß Rußland nach dem Besitz der wichtigen Meerenge strebt, umso mehr, als
durch eine internationale Bestimmung vom Jahre 1841, die fremden Kriegs-
schiffen die Durchfahrt nicht gestattet, die russische Schwarzmeerflotte in ihrer
Verwendung auf das Schwarze Meer beschränkt ist. Anderseits haben aber
auch die andern Großmächte, insbesondere das nahgelegene Österreich-Ungarn,
ein Interesse daran, eine Machterweiterung Rußlands, wie sie die Beherrschung
Filk, Erdkunde. Iii. Band. 9