1913 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 34 —
Im Laufe von 1^/z Jahrtausenden ist er mehrmals in Versall geraten und wiederhergestellt
worden, bis ihn im 8. Jahrhundert n. Chr. ein arabischer Kalif aus Gründen der Landes-
Verteidigung zerstörte. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden von dem öfter-
reichischen Ingenieur Negrelli sehr sorgfältige Baupläne ausgearbeitet, die dann nach
seinem Tode der Franzose Ferdinand Lesseps erwarb. Nachdem dieser vom Sultan
die Erlaubnis zum Bau des Kanals erlangt hatte, gründete er eine Aktiengesellschaft, die
die erforderlichen Mittel ausbrachte. Die Ausführung des großen Werkes nahm 10 Jahre in
Anspruch (1859—1869) und war mit unsäglichen Schwierigkeiten verbunden. Alles, was
zum Bau erforderlich war, Werkzeuge, Maschinen, Kohlen, Eisen, ja selbst die Holzbaracken
für die Arbeiter, mußte man aus Europa kommen lassen. Sehr schwierig gestaltete sich
in der Wüste die Versorgung der 20—25000 Arbeiter mit Lebensmitteln und Trinkwasser.
1862 waren 1600 Kamele zur Herbeischaffung des Wassers erforderlich, was täglich
6400 Mk. kostete. Um dem Übel abzuhelfen, grub man vom Nil aus einen Kanal, der
das nötige Trinkwasser herbeiführte. Unter den Arbeitern forderten schlimme Krankheiten,
Typhus und Cholera, viele Opfer. 1869 wurde unter großen Feierlichkeiten, zu denen
u. a. auch die Kaiserin Eugenie von Frankreich, der österreichische Kaiser und der Kronprinz
Friedrich Wilhelm von Preußen erschienen waren, die neue Wasserstraße dem Verkehr
übergeben.
Der Kanal beginnt bei dem neu angelegten Hafen Port Said am Mittelmeer und
endet bei Sues. Er ist 160 km lang und durchschneidet mehrere Seebecken. Er hat jetzt,
nachdem er in der letzten Zeit vergrößert worden ist, eine Wassertiefe von 9^—10 m.
Die Breite beträgt an der Sohle 60—70, am Wasserspiegel 100—130 m. An mehreren
Stellen befinden sich Ausbuchtungen, wo die Schiffe einander ausweichen lönnen. Die
Baukosten des Kanals beliefen sich auf 380 Mill. Mk. 1872 wurde zum ersten Male ein
Gewinn (1,6 Mill. Mk.) erzielt, der sich trotz der gewaltigen Kosten, die die Instandhaltung
des Kanals verschlingen, stetig gesteigert hat und 1911 108 Mill. Mk. betrug.
Durch den Sueskanal wird der Weg von Europa zu den Ländern am Indischen Ozean
um ein Viertel bis zur Hälfte gekürzt. Das bedeutet bei dem gewalligen Kohlenverbrauch
der heutigen Dampfer eine große Ersparnis, die die Zollabgaben weit übertrifft. Diese be-
tragen jetzt 9 Franken für die t, bei Ballast führenden Schiffen 6,5, für jeden Reisenden
10 Franken. Ein großes Schiff hat 30—40000 Mk. Abgaben zu zahlen. Segelschiffe nehmen
auch heute noch den Weg um Südafrika, da für sie die Fahrt durch das Rote Meer wegen
der dort sehr unregelmäßigen Winde und der vielen Klippen zu gefährlich ist.
Der Kanal kann Tag und Nacht benutzt werden. Zur Nachtfahrt müssen die Schiffe
mit einer elektrischen Leuchtvorrichtung versehen sein. Die Fahrt dauert 15—20 Stunden.
1870 benutzten den Kanal 486 Schisse mit einem Raumgehalt von 437000 t; 1900 war ihre
Zahl auf 3441 mit 9,7 Mill. t, 1911 auf 4969 mit 24 Mill. t gestiegen. Darunter waren
3089 engliche (62,3 °/„), 667 deutsche (14,3 %) und 284 holländische (5.8 °/0).
Siedlungen. Die Hauptstadt Kairo (660000 E.), die größte Stadt Afrikas, liegt
rechts vom Nil, 20 km aufwärts vom Beginn des Deltas, und lehnt sich an den West-
abhang des etwa 200 m hohen Mokattamgebirges. Die in der Ebene sich ausbreitende
Neustadt gleicht fast in allem einer europäischen Großstadt, während sich die an den Berg-
abhängen liegenden älteren Stadtteile noch größienteils ihr morgenländisches Gepräge bewahrt
haben. Die Stadt zählt über 400 Moscheen, darunter prächtige Werke arabischer Baukunst
aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Kairo, „die Perle des Morgenlandes", „ist im Gegen-
fatze zu Alexandrien der volle Orient. Alles, was man sich davon träumt aus den Märchen
der „Tausend und Eine Nacht", ist hier Wirklichkeit. Kairo ist eine Wunderstadt mit ihren
dichtgedrängten Häusermassm, ihren engen Gassen und vortretenden Hänsern voll wunder-