1913 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Feigen, Zitronen, Apfelsinen. Wein und Kaffee, der von der füdabessinifchen Landschaft
Kaffa seinen Namen haben soll und noch heute dort auch wild wächst. Weiter hinauf findet
man Weizenfelder, Wiesen und unsre mitteleuropäischen Obstbäume. Die oberste Stufe, die
Dega, hat nur noch mäßig warme Tage und kühle Nächte, und der Winter bringt Frost
und Schnee. Der Ackerbau hört mehr und mehr auf, der Wald verschwindet, und an seine
Stelle treten frische Alpenweiden, weshalb Viehzucht hier die Hauptbeschäftigung der Be-
wohner ist. — Die Niederschläge sind bedeutend, fallen aber nur im Sommer. Furcht-
bare Gewitter mit Hagelschlägen und gewaltige Überschwemmungen richten oft großen
Schaden an.
Die Bewohner. Die eigentlichen Abessinier sind Semiten und von
dunkler Hautfarbe. Sie sollen zur Zeit Salomos (1000 t>. Chr.) aus Süd-
arabien eingewandert sein. Bereits im 4. Jahrhundert wurden sie Christen.
Die Unzugänglichkeit des Landes machte es ihnen möglich, dem mohammedanischen
Ansturm zu widerstehen, so daß sie ihren Glauben bis heute bewahrt haben.
Aber da sie durch die umwohnenden mohammedanischen Völker von jeder Ver-
bindung mit der übrigen Christenheit abgeschnitten waren, ist ihre Religion sehr
entartet und in Formelkram und äußerer Werktätigkeit erstarrt. Man hat
gegen 200 Feiertage, das Land ist voll von Priestern und Mönchen, und überall herrscht
greulicher Aberglaube. Gleichwohl hat das Christentum auch hier noch segensreich
gewirkt. Abessinien hat eine höhere Kultur als die umliegenden Länder,
Sklaverei und Sklavenhandel sind durch die Kirche streng verboten; die Frau hat
eine geachtetere Stellung als in den mohammedanischen Ländern, und in den
häufigen Bürgerkriegen sind Frauen und Kinder von jeher geschont worden.
Im S.-O. wohnen semitisch-hamitische Mischvölker, Galla und Somal, im
S.-W. Neger.
Wirtschaftlich ist Abessinien noch wenig entwickelt. Ackerbau und Viehzucht
sind die Haupterwerbsquellen. Zur Ausfuhr (1911: 14 Mill. Mk.) kommen insbesondere
Kaffee, Häute, Elfenbein und Wachs.
Staatliches. Abessinien (1,2 Mill. qkm, 8 Mill. E.) ist ein selbständiges
Königreich. Es umfaßt das Hochland, den nördlichsten Teil ausgenommen, und
ein großes, in die Somalhalbinsel hineinreichendes Gebiet. Der Herrscher führt
den Titel Negus Negesti, d. h. König der Köyige,.und besitzt unumschränkte
Gewalt.
Das abessinische Reich ist uralt, die ältere Geschichte aber wenig bekannt. Im
18. Jahrhundert zerfiel das Land in eine Reihe fast selbständiger Herrschaften. 1853 aber
gelang es Theodorus I., einem Manne niedriger Herkunft, das Reich wieder zu einen.
Unter seinem Nachfolger Johannes Ii. drangen 1889 die Mahdisten (S. 47) in Abessinien
ein und eroberten sogar die Hauptstadt Gondar. Sie vermochten sich aber nicht lange in
dem feindseligen Lande zu halten, und mit Hilfe der Italiener, die sich 1879 am Roten
Meere festgesetzt hatten, gelangte Menelik Ii. auf den Thron. Er war aber nicht ge-
willt, die von den Italienern angestrebte Schutzherrschaft anzuerkennen und brachte ihnen
1896 eine empfindliche Niederlage bei, die ihren Kolonialbesitz wesentlich einschränkte. Auch
dehnte er seine Herrschaft über das fö. vom Hochlande gelegene Gebiet von Harrar aus.