1913 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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auf fünf Gruppen zurückgeführt. Sie gehören fast alle der Mittelländischen oder
Kankasischen Rasse an, haben eine helle Hautfarbe und zeichnen sich durch Schönheit des
Körperbaus und der Gesichtsbildung ans. Wie fast alle Hochgebirgsbewohner sind auch die
Kaukasusvölker überaus freiheitsliebend und kühne und tapfere Krieger. Über 50 Jahre
haben die Russen mit ihnen zu kämpfen gehabt, ehe es ihnen gelang, sie völlig zu be-
zwingen. Am hartnäckigsten haben die Tscherkessen, im N-W. des Gebirges, wider-
standen, und als sie dann endlich doch unterworfen wurden, wanderten viele aus und
ließen sich in andern Teilen Vorderasiens nieder. Ein Teil der Kaukasusvölker bekennt
sich äußerlich zum Christentum, andere sind Mohammedaner.
Wirtschaftliches. Kaukasien hat unter der Herrschaft der Russen bedeutende
Fortschritte gemacht. Die fruchtbaren Gebiete am Rion und der oberen Kura
sind gut angebaute Landschaften, die Getreide, Baumwolle, Tabak, Weiu
und Seide erzeugen. Im Gebirge und in den Steppen ist die Viehzncht bedeutend.
Am wichtigsten aber sind die Bodenschätze. Im S.-W., bei Kutais, gibt es
ertragreiche Gruben von Manganeisenstein, die 1906 478000 t im Werte
von 19 Mill. Mk. förderten. Die Erze eignen sich besonders zur Stahlbereitung
und werden nach Europa und sogar nach Amerika versandt. Auch Kupfer,
Kohlen und Steinsalz sind vorhanden. Den weitaus reichsten Ertrag liefern
aber die Erdölquellen bei Baku auf der Halbinsel Apscheron. Kaukasien steht
unter den Erdöl erzeugenden Ländern an zweiter Stelle. 1910 wurden
9 Mill. t gereinigtes Öl gewonnen gegen 28 Mill. in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika.
In Hunderten von Quellen, die man durch Tiefbohrungen erschlossen hat, tritt das
Erdöl zutage. Es wird teils aus der Tiefe gepumpt, teils sprudelt es empor. Ein 1897
erbohrtes Lager ergab einen Sprudel von t8 m Höhe und lieferte anfangs täglich
131000 t Rohöl, ging aber dann nach 4 Monaten auf 655 t zurück. Das Rohöl ist eine
dunkelgrüne Flüssigkeit und wird als Naphtha bezeichnet. Rohrleitungen bringen es in
Fabrikanlagen, Raffinerien, wo es gereinigt wird. Die Rückstände, Masud genannt, sind
ein ausgezeichneter Heizstoff für Dampfer und Lokomotiven und werden überall in dem
kohlenarmen Rußland verwendet. Das Petroleum wird auf eigens dafür erbauten
Dampfern verschickt und zwar sowohl von Baku am Kaspischen wie auch von Batum und
Poti am Schwarzen Meere, wohin eine Eisenbahn führt. In neuster Zeit hat man mit
einem Kostenaufwands von 44 Mill. Mk. eine 900 km lange Rohrleitung nach Batum
gelegt, durch die das Öl in die Dampfer am Schwarzen Meere befördert wird. Rußland
erzielt mit seiner Ausfuhr an Erdöl und dessen Nebenerzeugnissen eine jährliche Einnahme
von über 100 Mill. Mk.
Siedlungen. Der Verwaltungsbezirk Kaukasien, der noch zum europäischen
Rußland gerechnet wird, umfaßt auch Rnssisch-Armenien und reicht im N. bis
zum Flusse Manytsch. Die Hauptsiedlungen liegen natürlich in dem begnnstigteren
Südkaukasien.
Die Hauptstadt ist Tiflis (190000 E.) an der Kura, am Kreuzungspunkte der
Südkaukasischen Bahn und der über den Kaukasus führenden Grusinischen Heerstraße, an
die sich die Armenische Eisenbahn anschließt, daher ein wichtiger Handelsplatz. Die Stadt
hat eine wundervolle Lage und ist halb modern-europäisch, halb morgenländisch gebaut.