1913 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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er begnadigt werden und dann als freier Mann einen Beruf treiben. Bald kamen auch
freie Ansiedler, anfangs allerdings nur spärlich, namentlich Engländer, Iren und Deutsche.
„So bildete sich aus ihnen, den im Lande zurückgebliebenen Beamten und Soldaten und
den freigelassenen Sträflingen allmählich eine freie Bevölkerung". Diese erhob bald Ein-
fpruch gegen die weitere Einfuhr von Verbrechern; die Regierung gab endlich nach, und
seit 1640 hörte die Verschickung nach Neu-Südwales auf, nachdem im ganzen 82000 Sträf-
linge dorthin befördert worden waren. Dann wurde Tasmanien (bis 1854) und zuletzt
Westaustralien Verschickungsort, bis man 1868 auch hier die Zufuhr einstellte. Insgesamt
hat England in Australien etwa 200000 Sträflinge angesiedelt. Viele von ihnen sind später
zu ordentlichen Menschen geworden, manche zu Reichtum und Ansehen gelangt. Bei nicht
wenigen allerdings gewann nach der Freilassung die alte Natur wieder die Oberhand, und
die Bewohner haben oft schwer unter Diebes- und Räuberbanden zu leiden gehabt. Doch
darf nicht vergessen werden, daß die Sträflinge durch die Arbeit, die sie leisten mußten,
bedeutend zur Entwicklung des Landes beigetragen haben.
Bis um die Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte die Bevölkerung nur langsam
zugenommen. Als aber 1851 in Neu-Südwales und Viktoria ergiebige Goldfelder entdeckt
wurden, strömten aus allen Erdteilen Abenteurer herbei, die in kurzer Zeit reich werden
wollten. In 10 Jahren verdreifachte sich die Bevölkerung. Auch später noch wurden durch
neue Goldsunde und die Entdeckung von Kupfer- und Silberlagern viele Menschen ange-
zogen. Außerdem waren die Regierungen auch darauf bedacht, ländliche Ansiedler zu ge-
Winnen. Sie unterstützten solche auf jede Weise, indem sie ihnen Land frei überließen,
sie mit Korn zur Aussaat, mit dem nötigen Vieh und Ackergerät versorgten, sie 18 Monate
lang ernährten und kleideten und ihnen Sträflinge als Arbeiter zur Verfügung stellten.
So wurden immer neue Gebiete der Landwirtschaft dienstbar gemacht und durch Bewässerungs-
anlagen und die Erbohrung von artesischen Brunnen selbst Gegenden sür den Anbau und
die Viehzucht gewonnen, die anfänglich zur Besiedlung gänzlich ungeeignet erschienen. Die
Einführung des Anbaus von Zuckerrohr u. a. tropischen Gewächsen brachte es mit sich, daß
man auch Farbige, Malaien und Kanaken, als Arbeiter ins Land zog, da Europäer in den
heißen Ländern keine Feldarbeit verrichten können. 1860 hatte die Bevölkerung die erste
Million überschritten, 1875 die zweite, 1889 die dritte, 1904 die vierte.
Seit etwa einem Jahrzehnt ist die Bevölkerungszunahme indes nur noch gering und
beschränkt sich fast ganz ans den natürlichen Zuwachs. Die Einwanderung ist dermaßen
zurückgegangen, daß sie die Auswanderung nur wenig mehr übertrifft, obwohl der Erdteil
eine noch viel größere Zahl von Bewohnern zu ernähren vermöchte. Diese Stockung in der
Volkszunahme ist das Werk der in Australien sehr einflußreichen Arbeiterpartei. Um sich
vor jedem Mitbewerb zu schützen und überall ihre hochgehenden Forderungen durchdrücken
zu können, hat sie es in den Volksvertretungen durchgesetzt, daß Einwandrer nur unter
sehr erschwerenden Bedingungen zugelassen werden. Schon seit 1860 suchte man sich der
Chinesen durch eine hohe Kopfsteuer zu erwehren, und seit 1901 wird von ihnen und den
Japanern, die sich im Lande niederlassen wollen, die Niederschrift von 50 Worten in einer
europäischen Sprache verlangt. Ferner ist die Heranziehung von farbigen Arbeitern jetzt
gänzlich verboten, wodurch die Pflanzer tropischer Gewächse schweren Schaden erlitten haben.
Auch die europäische Einwanderung hat sehr nachgelassen, da seit 1890 Unterstützungen an
ländliche Ansiedler nicht mehr gewährt werden und Fabrik- und Bergarbeiter von den ein-
heimischen Arbeitern als „Lohndrücker" gehaßt werden.
Die Verteilung der Bevölkerung über den Erdteil ist der Natur des Landes und den
verschiedenen Erwerbsverhältnissen entsprechend sehr ungleichmäßig. Am dichtesten bewohnt
ist der begünstigtere O. und S.-O.; aber auch hier reicht die stärkere Besiedlung nicht über