1913 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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(etwa 90000) und die Polynesier (190000), deren Verschiedenheit nach
O. Finsch aber nicht größer ist als die zwischen Schwaben und Norddeutschen.
Die Polynesier sind von schönem, kräftigem Körperbau, haben regelmäßige Ge-
sichtszüge, schwarzes, oft lockiges Haar und eine hellbraune Hautfarbe. (S. Ab-
bildungen bei Samoa, Deutsche Kolonien.) Die Kleidung war ursprünglich
recht dürftig. Soweit sie nicht schon der europäischen gewichen ist, besteht sie
aus Stoffen, die man aus den Rinden und Fasern verschiedener Pflanzen her-
stellt. Es sind oft feine, buntgemusterte und künstlerisch bemalte Zeuge
darunter. Als Schmuck verwendet man Federn und Blumen, die in die kunst-
reich geflochtenen Haare gesteckt werden, und Halsketten von Muscheln, Zähnen
u. a. Dingen. Allgemein verbreitet war früher die Sitte des Tätowierens,
das nirgends so kunstvoll geübt wurde wie auf den Südseeinseln.
Das Tätowieren ist mit empfindlichen Schmerzen verbunden. Daher vollzieht man
es nicht auf einmal, sondern stückweise nach längeren Zwischenräumen. Es geschieht in
der Weise, daß man mit spitzen Gegenständen, Fischgräten, Stäbchen aus Holz, Knochen
oder Eisen, leichte Einschnitte in die Haut macht, so tief, daß eben Blut fließt. In die
frischen Wunden werden dann Farben eingerieben, die oft schlimme Entzündungen hervor-
rufen. Es gilt als Ehrensache, bei der Tätowierung keine Schmerzenszeichen zu äußern.
Mitunter wird der ganze Körper tätowiert, selbst Augenlider, Lippen und Zungenspitze;
vielfach läßt man das Gesicht frei. Die Zeichnungen sind sehr verschieden: gerade und
krumme, oft kreis- oder halbkreisförmige Linien, auch wohl Bilder von Pflanzen und Tieren.
Sie verraten nicht selten künstlerisches Geschick (Abb. 44, S. 233). Die Tätowierung ist
ein alter religiöser Gebrauch und wird daher meist von Priestern oder in deren Gegenwart
vollzogen. Die Zeichnungen dienen hauptsächlich als Schmuck, aber auch als Stammes-
abzeichkn und werden vielfach für Schutzmittel gegen Unglück gehalten. Seit die Polynesier
mit den Europäern in engere Berührung gekommen sind und das Christentum unter ihnen
Eingang gefunden hat, ist die Tätowierung immer mehr außer Gebrauch gekommen.
Die Polynesier sind im allgemeinen von friedlicher, sanfter Gemütsart. Als die
Europäer zuerst mit ihnen bekannt wurden, hatten sie schon einen gewissen Grad von Kultur
erreicht. Sie hatten überall feste Wohnsitze, trieben Acker- und Gartenbau und waren
geschickte Schiffer; sie verstanden feine Gewebe aus Rinden und Pflanzenfasern herzustellen;
farbige Stoffe, hübsch verzierte Holzgeräte und mancherlei Putz waren bei ihnen im Gebrauch.
Selbst staatliche Einrichtungen waren vorhanden. Für die europäische Kultur sind die
Polynesier sehr empfänglich. Das Christentum hat fast überall bei ihnen Eingang gefunden.
„Sie kleiden sich europäisch, bedienen sich europäischer Möbel; sie kennen Kanonen und
Schießgewehre; sie haben Kirchen und Schulen, bauen Schiffe nach europäischer Weise und
legen Straßen an".
Die Inselgruppen.
Mikronesien (3500 qkm, 90000 E.) umfaßt die Jnselschwärme, die sich
über den weiten Meeresraum zwischen Melanesien und Japan ausbreiten. Es
sind gegen 1000 durchweg kleine, nur z. T. bewohnte Eilande, die zusammen
an Größe nicht einmal das Herzogtum Braunschweig erreichen. Selbst die größte,
Guam, hat nur einen Flächeninhalt von 510 qkm. Die weitaus meisten sind
niedrige Korallenbauten, z. T. Atolle, die übrigen hohe Inseln vulkanischen Ur-