1913 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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der Ordnung gibt es in allen Schutzgebieten der Zivilverwaltung unterstellte Polizei-
truppen aus Eingebornen, die aber von deutschen Offizieren und Unteroffizieren befehligt
werden. Daneben ist in Kamerun, Südwest- und Ostafrika, wo die Bevölkerung mehr zu
Aufständen geneigt ist, noch die Haltung besondrer, unter militärischer Verwaltung stehen-
der Schutztruppen nötig. Sie bestehen in Südwestasrika aus Weißen, in den beiden
andern Gebieten aus Schwarzen. Die Einnahmen der Schutzgebiete fließen hauptsächlich
aus Zöllen, die von eingeführten Waren erhoben werden. In einigen Gebieten, wie in
Ostafrika und Teilen Kameruns, zahlen die Eingebornen eine Hüttensteuer, in Samoa
eine kleine Kopfsteuer. Auch können die Eingebornen jährlich für eine bestimmte Anzahl
Tage zu öffentlichen Arbeiten, Wege-, Bahnbauten usw., herangezogen werden. Nur Togo
und Samoa haben sich bis jetzt so entwickelt, daß sie auf eignen Füßen stehen. Für alle
andern Schutzgebiete ist noch ein Reichszuschuß erforderlich. Er betrug 1912 für Ostasrika
3,6, für Kamerun 2,3, für Südwestasrika 13,8, für Neuguinea 1,2 und für Kiautschou 8,3,
insgesamt also rund 29 Mill. Mk. Doch ist bei den steigenden eigenen Einnahmen darauf
zu rechnen, daß die Zuschüsse allmählich niedriger und endlich ganz aufhören werden.
Übrigens sind die Ausgaben, die das Reich für die Schutzgebiete macht, keineswegs ver-
loren; sie fließen dem Mutterlande vielmehr in andrer Form, in den Gewinnen des
Handels und der Industrie und den Gehältern der Beamten, wieder zu.
^ Bedeutung. Je nach der Ausnutzung des Landes kann man verschiedene Arten
^von^Kolonien unterscheiden. Es gibt:
"\1. Siedlungskolonien. Sie sollen dem Überschuß der Bevölkerung des Mutter-
landes eine neue Heimat bieten, den Ansiedlern dauernd die Möglichkeit des Lebenserwerbs
durch Ackerbau, Viehzucht u. a. Beschäftigung gewähren. Im allgemeinen eignen sich nur
Landstriche der gemäßigten Zone zu solchen Kolonien, da das heiße und ungesunde Klima
der Tropengegenden den Europäern weder längeren Aufenthalt noch anstrengende Arbeit
gestaltet. Leider ist unter unfern Schutzgebieten keines, das den Auswandrerstrom unsers
dicht bevölkerten Vaterlandes ausnehmen könnte, wie England solche in Britisch-Nord-
amerika, im Kaplande und in Australien besitzt. Denn Südwestasrika, das seines gesunden
Klimas wegen in Betracht käme, vermag nur einer sehr beschränkten Zahl von Ansiedlern
Raum zu gewähren (S. 358). So gehen unsre Auswandrer dem Reiche verloren; sie
werien Bürger andrer Staaten, und viele gehen im fremden Volkstum auf (S. 217 u. 271).
2. Betriebskolonien. Sie dienen dem Anbau wertwoller Nutzgewächse der heißen
Zone und der Gewinnung von Bodenschätzen und werden danach als Pslanzungs- und
Bergbaukolonien unterschieden. Die Arbeit wird von Eingebornen oder von eingeführten
Arbeilern andrer heißer Länder verrichtet. Die Europäer sind nur die Unternehmer, die
mit ihrem Kapital die Anlagen machen und den Betrieb leiten und beaufsichtigen. Der
Wert solcher Kolonien ist ein dreifacher. Sie versorgen erstens das Mutterland mit Roh-
stoffen für die Industrie, mit Nahrungs- und Genußmitteln, für die es sonst sein Geld
ans Ausland zahlen müßte, und machen es von diesem mehr oder weniger unabhängig.
Sie bieten zweitens dem Unternehmungsgeiste und den Kapitalkräften des Mutterlandes
ein diesem selbst zum Nutzen gereichendes Betätigungsfeld. Schätzt man doch das in den
deutschen Schutzgebieten angelegte Kapital auf mehr als 250 Mill. Mk. Drittens bilden
die Kolonien für das Mutterland ein Absatzgebiet für die Erzeugnisse seiner Industrie.
3. Handelskolonien, wie wir eine solche in Kiautschou besitzen. Sie können
weder Ansiedler in größerer Zahl aufnehmen, noch sind sie an der Erzeugung von Gütern
beteiligt. Es sind Niederlassungen geringeren Umfangs, in denen europäische Kaufleute
den Austausch der Naturerzeugnisse fremder Länder gegen europäische Industriewaren ver-
Mitteln.