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1. Europa - S. 109

1913 - München [u.a.] : Oldenbourg
Vorderasien. 109 Mesopotamien, das Land des Paradieses, in der Vergangenheit und in der Zukunft. Von zwei herrlichen Strömen geboren und umschlossen, glich das babylonische Schwemmland im Altertum einem Treibhause von beispielloser Fruchtbarkeit.' Überreich an Sesam und Obst aller Art, bildete das Land auch eine unerschöpfliche Kornkammer und einen Palmenwald zugleich bis hiuab an das Gestade des Persischen Meeres. Um aber die Niederlassungen und Pflanznugen vor den alljährlichen Hochfluten des Euphrat und Tigris zu schützen, waren die Ansiedler vom ersten Anfang an zur Erbauuug von Dämmen und Anlegung von Kanälen genötigt und diese Kanäle verteilten nicht allein das Hoch- wasser der beiden Ströme und führten das befruchtende Naß deu vou der Überfchwem- mung nicht berührten Landesteilen zu sondern sie boten sich auch von selbst dar, um deu ✓ - Verkehr von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Torf zu vermitteln. Babylonien war das Holland des Altertums. Wenn es- nun zur Wüste geworden ist, so trifft weder die osmanische Regierung noch die dortige Bevölkerung ein Vorwurf; denn der Verfall des Landes begann schon Jahrhunderte vor der osmanischen Herrschaft, die Türkei überkam nur ein trauriges Erbe. Wenn heutzutage noch Palmenhaine die Ufer der Flüsse begleiten, die Reiskultur an manchen Orten blüht; wenn die Kanäle da und dort noch in tadellosem Zustande sich befinden und fleißige Hände in dem künstlich bewässerten Boden ' Baumwolle und Feigenbäume, Weinreben und Granatäpfel, Melonen, Gurken und Zwie- l beln anbauen: so beweist dies, daß in dem vereinsamten, spärlich bevölkerten Lande immer i noch kulturelles Lebeu glimmt. Allerdings gleicht das babylonische Land heute einem ab- > gehärmten Antlitz, über das zwei Tränenströme fließen. Aber die unverwüstliche Frucht- barkeit des Bodens besteht fort; man sagt, daß ein weggeworfener Dattelkern auch nur i bei einiger Feuchtigkeit binnen 3 Jahren zu eiuer 5 m hohen fruchttragenden Palme er- i wächst. Und dieser Wundergarten, dieses Paradies soll wiedererstehen und zwar durch 1 deutschen Unternehmungsgeist und deutsches Kapital. Wie Rußland in Tnrkestan in nur ; 15 Jahren ein Hauptge'biet des Baumwollbaues geschaffen hat mit einer jährlichen Pro- ! duktion im Werte von 150 Mill. M, wie England in einer ähnlich kurzen Zeit in Ägypten ) gleich Großes erreicht hat, so soll nun auch längs der Bagdadbahn ein ueues Kulturgebiet z erstehen. Boden und Klima sagen hier von alters her der Baumwollenstaude z gut zu und das anbaufähige Land ist größer als ganz Italien. Unterhalb Moful ist das 5 Land von der Natur zum Reisbau bestimmt. 'Kleinasien, Nordsyrien, Mesopotamien Z könnten zusammen mindestens soviel Getreide ausführeu wie heute ganz Rußland, so- Z bald die wirtschaftlichen Wirkungen der Bahn auf deu Höhepunkt gelangt sind. Ein weiterer Kreichtum des Gebietes am Tigris und Euphrat besteht iu den Erdölquellen und brenn- gbaren Gasen, deren Massenhastigkeit jene von Baku übertrifft. Das Land, das heute knapp Ii1/2 Mill. Menfchen ernährt, kann 20 Mill. Menschen aufnehmen und zu einem wichtigen ^Absatzgebiete deutscher Jndnstrieerzeuguisse werdeu, wenn es sich auch wegeu seiner klima- tischen und sonstigen Verhältnisse nicht als Kolonisationsgebiet für den deutschen Landwirt ^eignet. Die Bagdadbahn wird ferner eine Hochstraße des Schnellverkehrs iinach Indien und sie bedeutet schließlich auch eine wirtschaftliche, politische und militärische Zstärkung der Türkei gegen ihre Feinde, die sich schon als Erben türkischen Besitzes be- brachten. (Nach Friedr. Delitzsch und Paul Rohrbach.) Deutsche Interessen in Vorderasien. 1. Sie knüpfen in erster Linie afs^die Zkagdadbahu an, die hauptsächlich mit deutschem Gelde und von deutschen Ingenieuren gebaut wird. Kennzeichne ihren Verlauf! Durch die Bagdadbahu erhält die große Han- welsstraße zwischen Hamburg und Konstantinopel, die unter Benutzung der Elbe- und Donau- Ntraße Europa in diagonaler Richtung schneidet, ihr zum Persischen Meerbusen führendes Endstück. Das bedeutet eine Verkürzung des Weges zwischen der Nordsee und dem Jndi- fachen Ozean um etwa die Hälfte. Aus diesem Grunde dürfte nach Fertigstellung der Bahn 8*
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