1917 -
München [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Geistbeck, Alois, Geistbeck, Michael
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Oberrealschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Oberrealschule, Realschule, Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Die meteorologischen und klimatischen Verhältnisse der Erde. 61
Schnee und Gletscher.
Schnee und Schneegrenze. Sobald die Temperatur einer Luftschicht unter
0° sinkt, erfolgt die Ausscheidung der Feuchtigkeit nicht mehr als Regen sondern
als Schnee. Dieser zeigt Kristallbildung. Die Linie, oberhalb welcher der
Schnee nicht mehr schmilzt, nennt man Schneegrenze. Sie liegt in unseren
nördlichen Kalkalpen etwa bei 2800 m, steigt aber in den südlichen Ländern ent-
sprechend höher an, so an den trockenen tibetanischen Abhängen des Himalaya
bis 5500 in, an dessen >niederschlagsreichen Südabhängen bis 4900 in, am Kili-
mandscharo bis 4400 in, während sie in den Polargebieten bis zum Meere herab-
geht. In unseren Alpen wird die Höhe des als Schnee gefallenen Niederschlags
im Jahre auf etwa 1 in (Wasser) geschätzt. Die Schneemassen müßten nun im
Laufe der Zeit zu gewaltiger Ausdehnung anwachsen, sorgte die Natur nicht für
deren regelmäßige Abfuhr; diese geschieht 1. durch die Lawinen, 2. durch die
Gletscher. Die Gletscher bilden die Abflüsse der Gegend des ewigen Schnees.
Gletscher. Entstehung der Gletscher (f. Abb. S. 6). Der in den Hoch-
regionen frisch gefallene Schnee hat eine feine, trockene, zuckermehlartige Be-
schaffeuheit und eignet sich nicht zum Ballen. Man bezeichnet ihn als Firn-
schnee. Er sammelt sich in den nischenartigen Vertiefungen des Gebirges an
(in den Karen, Zirken, Bottnern). Hier ist das Einzugs- oder Nährgebiet
des Gletschers, ähnlich der Sammelmulde eines Wildbaches. Noch in diesem
Gebiete vollzieht sich der Übergang des Firnschnees zu körnigem Firn, indem
der Schnee an Sommertagen abtaut oder abschmilzt, bei Nacht aber wieder
gefriert. Durch den Druck seiner eigenen Masse verwandelt sich dann der Firn in
Firn eis und zuletzt in Gletschereis. Nicht selten vereinigen sich die Abflüsse
mehrerer Sanmtelmuldeu zu einem Eisstrome. Der Eisstrom windet sich, dem
Gesetze der Schwere folgend, abwärts und steigt oft weit über die Schneegrenze
bis in den Matten- und Waldgürtel herab. Das untere Ende des Glacier des Bois
bei Chamonix liegt zwischen Wäldern und Getreidefeldern bei 1100 in, das des
unteren Grindelwaldgletschers bei 1080 in.
Länge der Gletscher. Unter den alpinen Gletschern sind die größten der
Aletschgletscher mit 24 km und das Meer de Glace am Montblanc mit 15 km. Im
Himalaya, in Patagonien und Alaska erreichen die Gletscher Längen bis zu 65 km;
in den Polargebieten noch viel mehr.
Abschmelzuug der Gletscher. Auf dem Wege talabwärts bewirken
Sonnenbestrahlung, Luftwärme, Verdunstung und Regen unaufhörlich eine Ab-
schmelzung der oberen Eismassen. Hierdurch entstehen die Schmelzwässer,
die Gletschermühlen und die Gletschertische (s. Fig. S. 6). Ferner wird die
Eismasse noch vermindert durch die Abschmelzuug von unten, zum Teil infolge
der Erdwärme und durch die Wirkung des Druckes. Das Ergebnis der gesamten
Abschmelzuug ist der Gletscherbach (s. Fig. S. 6), der am unteren Ende des
Gletschers aus dem Gletschertore (s. Fig. S. 6) hervortritt. Das Abschmelzen
des Gletschers bezeichnet man auch als Ablatio».
Das unterste Ende des Gletschers ist — ähnlich dem eines Flusses — ein
Gebiet der Ablagerung. Die vom Gletscher verfrachtete Schuttmasse wird
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