1876 -
Dresden
: Schönfeld
- Autor: Ruge, Sophus
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Handelsschule, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Die physische Geographie. — Das Wasser. 9
Wasser, von den Landmassen scharf begrenzt, nicht wie die Lust freie
Bewegung nach allen Seiten hin hat, so folgt daraus, daß einerseits
die Meeresströmungen eigenthümliche Abweichungen erleiden, anderer-
seits aber in diesen Abweichungen beständiger sind. Einen wesentlichen
Einfluß auf diese Strömungen übt auch die Bodenformation des
Oceans aus. So hat sich im nördlichen atlantischen Ocean eine förm-
liche Kreisbewegung gebildet, welche das Sargassomeer als ruhiges
Centrum umfließt. Der bekannteste und wichtigste Theil dieser Strö-
mungen heißt der Golfstrom, der, an der blauen Farbe seines
Wassers erkennbar, aus dem Golf von Mexiko kommt und an der
Küste der Vereinigten Staaten entlang von der Neufundlandsbank aus,
dem Hauptfischplatz des Oceans, sich nach der britischen und skandina-
vischen Küste wendet, um sich bei Spitzbergen im Eismeere zu ver-
lieren. Ein ähnlicher Kreis wie im nordatlantischen Ocean findet sich
im südatlantischen; dieser berührt sich südlich vom Caplande mit einem
dritten im indischen Ocean (um die Mascarenen und Madagascar),
daher am Cap die stürmische See entsteht. Die Strömungen sind
vielfach das Gängelband der Schifffahrt gewesen.
Das Meer, die bequemste völkerverbindende Straße, befördert
mit der leichterworbenen Weltkenntnis der Anwohner und der Erweite-
rung ihres Gesichtskreises wesentlich die Kultur des Landes. Aber
nicht allen Küstenbewohnern ist von der Natur die Gabe verliehen,
seetüchtig zu werden. Küstenvölker, welche sich dem flüssigen Element
nicht anvertrauen mögen, verkümmern am Ufer, während seetüchtige
Nationen mit der Herrschaft über .die See, auch zugleich im Lande
erstarken. Das seetüchtigste Volk der Neuzeit sind die Germanen.
Wirbel und Strudel entstehen, wo die schnelle Wasserströmung
auf Felsen trifft, so die Charpbdis bei Messina, der Salt- und Mael-
strom bei dem Lofoten, der Euripusstrudel bei Euböa. Die Wellen,
der Wellenschlag, entstehen unter dem Einfluß des Windes. Tiefer
als 32 m. wird das Meer nicht mehr bewegt. An steilen Felsen und
Klippen entsteht die Brandung; das Zurückrollen der Wellen heißt
die Widersee, die höchste Höhe der Wellen ist auf 12 m. gemessen,
durch I. C. Roß im nordatlantischen Ocean.
§ 13. Die Landseen sind in den Einsenkungen des Bodens
durch Zusammenfluß des Regenwassers entstanden, oder beim Aussteigen
der Landmassen aus dem Meere gebildet. Jene enthalten Süßwasser,
diese ursprünglich Salzwasser (Seewasser), doch kann der Salzgehalt
allmählich durch ein- und ausmünd^rde Flüsse verringert werden oder
ganz verschwinden. Die durch Regen gebildeten Seen finden sich am
zahlreichsten, wo die meisten Regen fallen, also in der Zone der dop-
pelten tropischen Regen (§ 26) und in der gemäßigten Zone, wo zu
allen Jahreszeiten Niederschläge stattsinden. Die meisten großen Seen
sind oceanischen Ursprungs. Die Landseen haben nur zum Theil
Abflüsse; Seen mit Abflüssen sind meist Süßwasserseen. Nach ihrer
Lage unterscheidet man Gebirgsseen (Alpenseen, Gletscherseen, Krater-
oder Trichterseen), Thal- und Niederungsseen. Nach ihrer Verbindung
mit Flüssen unterscheidet man: Quell-, Fluß- und Mündungsseen. Die