1876 -
Dresden
: Schönfeld
- Autor: Ruge, Sophus
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Handelsschule, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Die physische Geographie. — Das Land.
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Thäler tiefer, die Gehänge steiler, die Gipfel steigen in höheren Bogen
auf, auf den Kämmen zeigen sich felsige Grate, schroffe Wände und
Sturzhalden. Die höchsten Theile sind nicht mehr immer bewohnbar.
Das Alpengebirge erhebt sich über die Baumvegetation und besteht
oft aus riesigen, auf allen Seiten schroff aus dem tiefen Lande auf-
steigenden Plateaus, die zum Theil mit Felstrümmern überdeckt sind.
Die Bevölkerung zieht sich in die Thäler zurück. Der Bodenbau wird
geringer, die Pässe sind seltener. Das Hochgebirge umfaßt die
höchsten Gebirge der Erde, besteht meist aus Urgebirgsarten und erup-
tiven Gesteinen mit scharfen Kämmen und prachtvollen Hochgipseln.
Meilenweit sind die Höhen mit Schneefeldern bedeckt, aus denen
Gletscher in die Thäler niedersteigen. Unterhalb des Schnees stürzen
die Gehänge felsig und kahl, mit Trümmern so wild übersät, daß kein
Mensch sie überschreiten kann, zu den Alpenweiden und Bergwäldern
herab. Die Einsenkung zwischen den Gipfeln, das Joch, dient als
Paß. Die Gipfel benennt man nach ihrer mehr oder weniger
schroffen Form: Horn, Nadel, Zahn, Pik, Spitze, Kegel, Kuppe.
Thäler, welche in der Hauptrichtung des Gebirgs verlaufen, sind
Längenthäler. Thäler, welche von den Vorbergen zum Hauptkamm
ziehen, Querthäler. Diese sind für die Uebergänge und Straßenzüge
von großer Wichtigkeit; Gebirge, denen sie fehlen, wie den Pyrenäen,
bilden für den Verkehr bedeutende Hemmungen. Gletscher und
Schneefelder in den Hochgebirgen, wie in den Alpen, sind als
Wasserreservoir für den ganzen Continent von wesentlicher Bedeutung.
Das Gebirge hat ebenso wie das Meer einen bedeutenden
Einfluß auf die umgebende Natur. Zunächst wird Ausdehnung und
Form der Continente und Inseln durch das ,,Gerippe" der Gebirge
bestimmt. Hohe Gebirgszüge sind Grenzen verschiedener Klimate,
pflanzen- und thiergeographischer Zonen (z. B. Alpen, Atlas, Cordil-
leren, Himalaya u. a.). Sehr beachtenswerth ist der Einfluß der Ge-
birge auf die Menschen. Gebirgsbewohnern ist ein lebhaftes Heimats-
gesühl (Heimweh), tiefe Religiösität und Freiheitssinn eigen. Hoch-
gebirge wirken wie der tropische Urwald auf die Zersplitterung der
Völker in kleine Stämme und Republiken. Von dem Treiben der großen
Welt abgeschieden, erhalten sich alte Sitten, Rechte und Gebräuche,
wie religiöse Vorstellungen, hier länger als in Flachländern und offenen
Thallandschaften, wo die Kultur sich am frühsten entwickelst hat. Darin,
daß das Gebirge dem Verkehr größere Schwierigkeiten entgegensetzt,
liegt seine Bedeutung für die politische Begrenzung der Staaten und
Völker.
§ 17. Die Thätigkeit des glühend-flüssigen Erdinnern äußert sich
an der Oberfläche entweder in heißen Quellen (Geiser), Gasquel-
len (Mofetten, d. h. Ausströmungen von Kohlensäure, Fumarolen,
d. h. Wasserdampferuptionen, welche Borsäure, Salzsäure re. enthalten,
und Solfatare, d. h. Ausströmungen schwefelhaftiger Gase) oder in
eigentlichen Vulkanen, welche theils aus ihren Kratern (d. h. den
Auswurftrichtern mit inneren Steilwänden), Asche, Schlamm und
Schlacken auswerfen, theils durch Seitenausbrüche zerstörende Lava-