1876 -
Dresden
: Schönfeld
- Autor: Ruge, Sophus
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Handelsschule, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Die physisch? Geographie. — Die Völkerkunde.
0. Die Völkerkunde.
H 42. Die Anthropologie betrachtet den einzelnen Menschen
nach seinen sinnlichen Merkmalen (Größe, Schädelbau, Knochengerüste,
Entwickelung des Gehirns, Haarwuchs, Farbe der Haut und Haare
u. s. w.) und sucht eine Einthcilung nach Rassen zu geben. Die
Ethnologie (Völkerkunde) betrachtet den Menschen als Mitglied eines
Volkes und schildert dieses nach Sprache, Religion und Sitte.
Sie theilt die Menschheit in Völker. Eine sichere Eintheilung in
Rassen ist bis jetzt noch mcht gelungen. Die von Blumenbach gemachte
Eintheilung in 5 Rassen: Kaukasier, Mongolen, Reger, India-
ner und Malaien ist ungenügend. Die Uebergangsstusen und
Mischlingsformen sind unzählig. Mischlinge erben fast durchgehends
die Laster und schlechten Eigenschaften beider Rassen, selten oder nie
die guten. Einige der bekanntesten Benennungen der Mischlinge sind
folgende: Mulatten sind Mischlinge von Weißen und Negern,
Mestizen von Weißen und Indianern, Zambos von Negern und
Indianern. Der anthropologische Typus erscheint uns unverän-
derlich, der Volkscharakter (Sprache und Sitte) nicht.
Jede Menschenrasse ist, wie die Pflanze und das Thier, an einen
bestimmten Verbreitungsbezirk gebunden. Außerhalb desselben gedeiht
die Rasse nur dort, wo sie ähnliche physische Bedingungen findet, wie
in der Heimat. Darin liegt auch zugleich eine verschiedene Be-
gabung der Menschen. Am tiefsten steht der Australier, der gleich
dem Thier von zufällig gefundener Nahrung lebt, kaum eine Wohnung
besitzt und keine Spur bestimmter relig. Ideen zeigt. Höher steht
der Papua in Neu-Guinea, der schon Thiere züchtet und Früchte
erntet und den Pfahlbauten der Vorzeit ähnliche Wohnungen errichtet.
In Tempeln verehrt er von Holz geschnitzte Götterbilder. Einen be-
deutenden Fortschritt zeigt die Gruppe der Malaien und Polynesier.
Wir finden ein Familienleben entwickelt, die Stämme nach geheiligten
Gesetzen von Häuptlingen regiert. Zum Häuserbau kommt der Schiff-
bau. Zu den bestimmt ausgeprägten religiösen Ideen treten Sagen
und mythologische Gesänge. Selbst die Kunst der Rede wird geübt.
Die nächste Stufe bildet der Neger, welcher den Landbau weiter
fördert und die Produkte sogar in Industrie und Handel verwerthet.
Seine Wohnungen sind massiver, zu größeren befestigten Städten
gruppirt. Außer Liedern finden wir bereits Sprüchwörter und Räthsel.
Der Indianer tritt zwar in den Jäger- und Fischervölkern hinter
dem Neger zurück, aber die alten Kulturstaaten in Mexiko und Peru
zeigen doch eine wirkliche Architektur und Skulptur, sowie die Anfänge
einer Bilderschrift, von der der Neger keine Ahnung hat. Eine wesent-
lich höhere Stufe nehmen die Hochasiaten, die Mongolen, und unter
ihnen besonders Chinesen und Japaner ein, deren Kultur in mancher
Beziehung unserer abendländischen gleichkommt, in mancher sie über-
trifft. Den höchsten Rang nimmt die s. g. kaukasische Rasse, besonders
die Bewohner Europas ein.