1876 -
Dresden
: Schönfeld
- Autor: Ruge, Sophus
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Handelsschule, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Republik Venezuela.
Aepuölik Venezuela.
19,000 Qm.. ls/4 Mill. E. (1873.)
§ 452. Venezuela besteht aus I) dem Gebirgsküstenland, 2) den
Llanos und 3) den Urwäldern.
Die Bevölkerung: Die Indianer sind zum Theil noch nn-
abhängig (Indios bravos), und aus den Küstenstrichen fast ganz ver-
drängt. Die civilisirten Indianer sind Christen, reden spanisch und
treiben Ackerbau und Viehzucht. Die Neger, seit 1854 frei, leben
in einzelnen Küstengebieten concentrirt: außer Creolen und Spa-
niern, welche etwa 1/e der Bevölkeruug ausmachen, gibt es viele
Mischlinge. Das Land ist seit 1818 von Spanien unabhängig. Die
Religion ist katholisch. Produkte: 1) Silber, Gold. Kohlen. 2) Baum-
wolle, Indigo, Cacao, Tabak, Färbe- und Nutzhölzer. 3) Große
Rinder- und Pferdeherden, Maulthiere. Die Industrie ist gering.
Der Handel mit Deutschland ist sehr belebt. Daher leben auch etwa
1500 Deutsche in den wichtigsten Hafenplätzen. Die Handelsbewegung
beläuft sich auf 76—80 Mill. Frcs. (Kaffee, Cacao. Baumwolle. In-
digo, Rinoshgute; weniger Tabak und Waldprodukte). Jährlich lausen
11—1200 Schiffe (170—180,000 Tonnen) aus und ein. Mit dem
Auslande ist Venezuela durch 4 Dampferlinien verbunden.
1. An der Nordküste liegen die Städte: Cumanä, 9000 E., Handel
mit den Landesprodukten. Caracas, 49,000 E. (1873). Hauptstadt, 960 m.
hoch gelegen. Universität. Sein Ausfuhrhafen ist La Guaira, 8000 E.,
Handel mit Hamburg. Puerto Cabello (Haarhafen), 12,000 E. Ausfuhr
nach Hamburg und Bremen. Maracaibo, 22,000 E. Südlich von den
Küstengebirgen liegen.im Gebiete der Llanos: Angoftura (d. h. die Enge,
Flußenge) oder Ciudad Bolivar am Orinoco, 8000 C., meist Indianer,
der Handel ist ganz in den Händen der Hanseaten. Ausfuhr von Fellen und
Häuten. Varinas, 12,000 E., Tabakbau. Valencia, in der Nähe des
schönen Sees von V., 29,000 E.
2. ..Seit der Entdeckung des neuen Continents sind die Ebenen (Llanos)
dem Menschen bewohnbar geworden. Um den Verkehr zwischen der Küste und
der Guyana (dem Orinoco-Lande) zu erleichtern, sind hie und da Städte an
den Steppenflüssen erbaut. Ueberall hat Viehzucht in dem unermeßlichen
Raume begonnen. Tagereisen von einander entfernt liegen einzelne, mit
Rindsfellen gedeckte, aus Schilf und Riemen geflochtene Hütten. Zahllose
Scharen verwilderter Stiere, Pferde und Maulesel schwärmen in der Steppe
umher. Die Llanos nehmen einen Flächenraum von 5000 Qm. ein.
3. In den Urwäldern, 10,000 Qm., zwischen Orinoco und Amazonen-
strom leben manigfache Geschlechter der Menschen. Durch wunderbare Ver-
schiedenheit der Sprachen gesondert, sind einige nomadisch, dem Ackerbau fremd.
Ameisen, Gummi und Erde genießend, ein Auswurf der Menschheit (wie die
Otomaken und Jaruren); andere angesiedelt, von selbsterzielten Früchten ge-
nährt, verständig und sanfterer Sitten (wie die Maquiritarcr und Macos).
Große Räume zwischen dem Casiquiare u. dem Atabapo sind nur vom Tapir
und dem geselligen Affen, nicht von Menschen bewohnt. In Felsen gegrabene
Bilder beweisen, daß auch diese Einöde einst der Sitz höherer Kultur war.
In den Wildnissen der Guyana sehen wir ewig den Menschen gegen den Men-
schen gerüstet. Mit unnatürlicher Begier trinken hier einzelne Völkerstämme
das ausgesogene Blut ihrer Feinde; andere würgen, scheinbar waffenlos und
doch zum Morde vorbereitet, mit vergiftetem Daumennagel. Die schwächeren
Horden, wenn sie das sandige User betreten, vertilgen sorgsam mit den Hän-
den die Spur ihrer schüchternen Tritte." (Nach Humboldt.)