1913 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Lennarz, Gottfried, Heins, Hermann, Seydlitz, Ernst von
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule, Oberlyzeum
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule, Oberlyzeum
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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I. Mathematisch-astronomische Geographie.
Gebilde auf der Marsoberfläche an einem Beobachtungsabend völlig verdecken können.
Schon Hörschel hat 1784 nachgewiesen, daß der Mars an seinen Polen weiße Flecken zeigt,
die sich im Winterhalbjahre jeder Halbkugel vergrößern, im Sommerhalbjahr aber ver-
kleinern, und die darum als Schneedecken gedeutet werden dürfen. Die von dem Mailänder
Astronomen Schiaparelli entworfenen Karten der Marsoberfläche zeigen, daß nur etwa die
Hälfte derselben von Meer eingenommen wird, das vor allem die Südhalbkugel des Mars
bedeckt, während die Nordhalbkugel, das eigentliche Festland des Mars, sich durch Meeres-
arme und zahlreiche Kanäle in eine große Reihe getrennter Landmassen auflöst. Die Kanäle
verdoppeln sich zuweilen plötzlich, so daß gelegentlich von einem Beobachtungsabend zum
anderen statt eines Kanals zwei genau parallel zueinander verlaufende Kanäle sich zeigen.
Vielleicht erblickt man dann außer dem eigentlichen Kanal auch noch sein auf einer dünnen
Nebelschicht in der Marsatmosphäre erzeugtes Schattenbild. Den Mars umkreisen als
Analogon zu unserm Erdmond zwei kleine Marsmonde, die erst in neuerer Zeit entdeckt
wurden. Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun sind sämtlich größer als die Erde und die
bisher genannten Planeten. Der größte ist der Jupiter. Er besitzt eine Atmosphäre,
und man wird die auf seiner Oberfläche wahrzunehmenden dunklen Streifen und Flecken
von veränderlicher Gestalt wohl als Kondensationsprodukte in dieser Atmosphäre ansehen
müssen, In Übereinstimmung mit seiner kurzen Rotationsdauer, ungefähr 9^55™ 37",
steht seine starke Abplattung. Der Jupiter wird von 5 Monden umkreist. Von allen
Planeten bietet zweifellos der Saturn den sonderbarsten Anblick dar, da seine eigentliche
Planetenkugel von einem freischwebenden Ring umgeben ist, der in mehrere konzentrische
Ringe geteilt erscheint. Die Rotationsdauer des in eine sehr dichte Atmosphäre eingehüllten
Planeten ist gleich 10h 14 m 24 s. Er hat 8 Monde. Ob sich die 1899 in Amerika ge-
machte Entdeckung eines 9. Saturnmondes bestätigen wird, bleibt abzuwarten. Was end-
lich Uranus (4 Monde) und Neptun (1 Mond) angeht, so konnten bisher deren Rotations-
zeiten nicht bestimmt und Einzelheiten auf ihren Oberflächen nicht wahrgenommen werden.
Man hat bei sämtlichen Planeten eine in gleichem Sinne wie bei der Erde erfolgende
Rotation festgestellt. In ebendieser Richtung umkreist der Erdmond die Erde und um-
kreisen die Planetenmonde ihre Planeten.
§ 303. Das Sonnensystem. Die scheinbare Eigenbewegung der Planeten gegenüber
den Fixsternen, die dabei vorkommenden eigentümlichen Schleifenbildungen, die
scheinbaren Hin- und Herbewegungen der unteren Planeten: alle diese Erscheinungen
fanden durch die Theorie des Nikolaus Kopernikus (1473—1543) eine weit
einfachere Erklärung, als sie das Altertum hatte geben können. Nach Kopernikus
ist die Erde selbst ein Planet. Mit ihr zusammen und in gleicher Richtung wie sie
umkreisen die übrigen Planeten in von der Ebene der Ekliptik nur wenig abweichen-
den Bahnen die nahezu im Mittelpunkt dieser Kreise stehende Sonne, und zwar so,
daß die Bahnen von Merkur und Venus von der Erdbahn eingeschlossen werden,
diese selbst aber wieder innerhalb der Bahnen der übrigen Planeten gelegen ist.
Weitere Ausbildung und Begründung erfuhr diese von Kopernikus aufgestellte
Theoriedes Sonnensystems besonders durch Johannes Kepler und Isaak Newton.
In seinen beiden Werken »Astronomia nova de motibus Stellae Martis«
(1609) und »Harmonice mundi« (1619) stellte Kepler (1571—1630) die drei
Gesetze auf, denen die Bewegung der Planeten unterworfen ist:
I. Die Planeten bewegen sich in Ellipsen, deren einen Brennpunkt
die Sonne einnimmt.
Ii. Der von der Sonne nach den Planeten gezogene Leitstrahl über-
streicht in gleichen Zeiten gleiche Flächenräume, Aus diesem Gesetz folgt
zugleich, warum sich ein Planet in seiner Sonnennähe schneller bewegen muß als in
seiner Sonnenferne.
Iii. Die Quadrate der Umlaufszeiten der Planeten verhalten sich
wie die dritten Potenzen ihrer mittleren Entfernung (—halbe große