1911 -
Leipzig
: List & von Bressensdorf
- Autor: Sievert, August, Harms, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
§ 55____Allgemeine Erdkunde. 104
noch werden ganze Länder allmählich gehoben, während andere sich ebenso all-
mählich senken (§ 57).
1. Erdbeben.
(Vaterl. Erdk. § 88, 89).
§ 55 a) Ursachen und Verbreitung. Die meisten Erdbeben entstehen durch die
fortschreitende Erkaltung und Zusammenschrumpfung der Erdrinde. Sie sind daher
am häufigsten an den Rändern der großen Einbruchsgebiete der Erde, zu denen
vor allem die Gebiete des Mittelmeeres und des Großen Ozeans gehören. (Große
Tiefebenen haben selten Erdbeben.) Die Haupterdbebengebiete sind demnach die
Küsten des Mittelmeeres, vor allem Süditalien (Sizilien, Kalabrien, Apnlien)
und Griechenland, ferner das Kaukasusgebiet, Mittelamerika und die
Ränder des Großen Ozeans (Japan mit jährlich etwa 600erdbeben!, die
Sunda-Jnseln, namentlich Java, sowie die Westküste Amerikas: San Francisco,
Valparaiso!). Auch in der Oberrheinischen Tiefebene und im sächsischen Vogt-
lande werden zuweilen leichte Erderschütterungen gespürr.
b) Wirkung. Meist erfolgen die Erschütterungen als Stöße von unten;
Steine, Häuser und Menschen werden emporgeschleudert. Die Stöße pflanzen
sich dann als wellenförmige Bewegungen fort; Bäume schwanken wie die
Masten eines Bootes, das von den Wellen geschaukelt wird. Häufig bilden sich
dabei Risse im Erdboden, in denen zuweilen ganze Dörfer versinken. Ein Erd-
spalt in Kalabrien z. B. war 7 km lang und 30 m breit. — Die Erschütterungen
sind oft viele Taufende von Kilometern weit spürbar; das ergibt sich aus den
Aufzeichnungen der (selbsttätigen, äußerst empfindlichen) Erdbebenfchreiber
oder Seismographen^. Siehe Abbildung!
Vorbeben Hauptbeben
1h 50m 37s lh 50m 50s lh 51m,48s
Abb. § 55. Seismogramm des Erdstoßes vom 5. März 1903 im südlichen Vogtlande,
(h = Uhr, latein, liora, engl, hour = Stunde, m = Minuten, s = Sekunden)
1 Zeitnngsmeldung: „Hamburg, den 4. Jan. 1911. Heute nacht, wurde von den Appa-
raten der hiesigen Hauptstation für Erdbebenforschung ein katastrophales Erdbeben in 5200 km
Entfernung verzeichnet. Das Beben, dessen Stärke dem des Erdbebens in Messina im Dezember
1908 entspricht, wird wahrscheinlich in Mittelasien stattgefunden haben." Bald darauf meldeten
Telegramme aus Taschkent (Turkestan), daß am 4. Januar in jener Gegend ein heftiges, wellen-
förmiges Erdbeben von 5 Minuten Daner stattgefuuden habe. „Infolge des Erdbebens sind 700
Familien obdachlos, die sich tagsüber in Schulen und Kasernen aufhalten und die Nächte aus
Furcht vor neuen Erdbeben bei 10° Kälte im Freien zubringen. In der Stadt Wjernyi sind
fast alle Gebäude beschädigt oder eingestürzt. In der Umgebung zeigen sich tiefe Erdrisse, sowie
Bodensenkungen und -Hebungen. Viele Menschen und viel Vieh sind unter den Trümmern
der Bergstürze verschüttet worden/'