1893 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von, Oehlmann, Ernst, Rohrmann, Adolf, Schröter, Franz Martin
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Alpenland. Süddeutsche Hochflächen.
und Schafen willkommene Gräser und Kräuter, und rüstige Männer, „Wildheuer",
mähen das freie Gras fogar noch von Felswänden ab, „wohin das Vieh sich nicht
getraut zu steigen". Die Hirten der Alpenherden Haufen in einfachen, hölzernen
„Sennhütten"; vor Einbruch des Winters aber kehren Mensch und Hanstier in
die Gehöfte der Voralpeu zurück. — Über die Schneegrenze hinaus in den Bereich
der Hochalpen ragen nur einzelne, nicht sehr umfangreiche Gipfel unseres Alpen-
gebietes, und die aus ihuen lagernden Gletscher sind von geringer Mächtigkeit*).
Nur wenige Pflanzen kommen in solchen Höhen vor, darunter als schönste das liebliche
Edelweiß, dessen Pflücken schon manchem das Leben gekostet hat. _
Einen herrlichen Schmuck auch des bayerischen Alpenlandes bilden die Seeen.
Der größte und tiefste der eigentlichen Bergseeen ist der düstere Walchensee, nahe
der oberen Isar (790 m über dem Meeresspiegel, 16 qkm groß, 196 m tief), der
landschaftlich schönste aber der Königssee (603 in ü. d. M., 5 qkm groß, 188 m
tief), unmittelbar am Ost-Fuße des Watzmanns eingebettet. Schroff, fast senkrecht,
steigen die Felswände, weit hinauf mit Fichten und Tannen bewachsen, mehr als
2000 in über dem Spiegel des tiefgrünen, klaren Gewässers empor.
Reiche Thalbildnng erleichtert, wie überall in den Alpen, so auch in den
deutschen Alpen den Verkehr. Außer der Eisenbahn, die durch das Innthal läuft,
führen mehrere Pfade und auch die fahrbaren Straßen des Fernpasses, der
Scharnitz und des Achenthales nach Tirol hinüber; sie folgen naturgemäß meist
den Wegen, die sich die Flüsse gebahnt haben, und überschreiten gewöhnlich in der
Nähe ihrer Quelleu den Rücken der Bergzüge. Ost windet sich der schmale Weg
oder „Paß" durch steile Felswäude, namentlich an Stellen, wo die Flüsse, tief
eingeschnitten, die letzten Felsriegel des Hochgebirges durchbrechen; solche Stellen
nennt man „Engen" oder „Klausen". In Kriegszeiten ist oft heftig um den Besitz
dieser Gebirgspsorten gekämpft worden; so nm die Ehrenberger Klause s. von
Füssen zwischen Rentte und Lermoos <1546, 1552, 1634, 1703).
Ii. Schweizerische Hochfläche.
Die hügelige, durchschnittlich 550 m hohe Hochstäche dehnt sich außerhalb unserer
Reichsgrenze zwischen dem Schweizer Jura im N.w. und den Alpen im S.o.
vom Genfer See an n.ö. bis zum Rhein und' zum Bodensee aus. Sie ist von
der Aare und ihren Zuflüssen durchströmt und enthält an ihren Rändern eine Fülle
schöner Seeen.
Iii. Schwäbisch-bayerische Hochfläche.
Sie beginnt am Nordfuße der Alpen uitb erstreckt sich, allmählich
schmäler werdend, mit der oberpsälzischen Plattenach N. bis in die
Nähe des Fichtelgebirges. Im S.w. trennt sie der Bodensee oon der
schweizerischen Hochfläche/ ihre N.w.- und W.-Grenze bildet der Abhang
des deutschen Jura, ihre N.o.-Grenze das bayerisch-böhmische Waldgebirge
oder der Böhmerwald. Ihre Ostspitze, im N. oon der Donau begrenzt,
reicht weit in österreichisches Gebiet hinein.
Die Hochfläche fenkt sich von S. wie von N. her ihrem Hauptstrome, der
Donau, zu und liegt 500—600 m über dem Meeresspiegel. Sie ist namentlich
*) Vor vielen Jahrtausenden schoben sich aber die Alpengletscher in 2 bis ^ maligem
Vorstoße bis m die Mitte Deutschlands, wie noch heutzutage z. B. Grönland fast völliq
vereist ist. Man^nennt jene Zeit die „Eiszeit". Der Mensch lebte damals schon. Auch
von N. her, aus Skandinavien, schoben sich riesige Gletschermassen über das heutiae Nord
deutschend bis an, ja sogar bis in das Mittelgebirge hinein. S. S. 18.