1893 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von, Oehlmann, Ernst, Rohrmann, Adolf, Schröter, Franz Martin
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Xi. Das westclbischc Tiefland
umfaßt das Hinterland der Nordsee vom Pas de Calais an und heißt von der
Schelde bis zum Gebiete der Ems die niederrheinische, von da bis zur Elbe
die niedersach^ische Tiefebene. Nur die letztere gehört ganz unserem Reiche an.
Die ganze Küste wird durch die Gezeiten fortwährend umgebildet. Die Süder-
see, der Dollart, der Iadebusen sind erst im 13., bez. 16. Jahrhundert durch
Sturmfluten gebildet oder vergrößert worden. Die friesischen Inseln, von N.-
Holland bis Jütland, sind Trümmer ehemaligen Festlandes, flach, baumarm und
nur teilweise anbaufähig. Die meisten besitzen Dünen; die kleinen, nicht einge-
deichten Halligen, an der W.-Küste Schleswigs, werden von Sturmfluten über-
schwemmt, aber doch fast alle bewohnt. — Nur Helgoland*), wichtig als Stütz-
punkt unserer Flotte, ragt mit seinem Buntsandsteinselsen 60 m über die See.
Aber auch hier hat das Wasser unablässig genagt bis aus den heutigen Tag.
Menschliche Thätigkeit sucht durch Deiche**) die Dünen zu ersetzen, die der
deutschen Nordsee-Küste gänzlich mangeln. Man bestrebt sich auch, schlammige
Sandbänke, Watten, die nur zur Flutzeit mit Wasser bedeckt sind, und die vom
Meere und den Flüssen angeschwemmten, äußerst fruchtbaren Marfchen dem Wasser
abzugewinnen und verwandelt sie durch Eindeichung in reiche.fluren, Polder oder
Köge genannt.
Das Hinterland dieses ganz flachen Küstenstriches ist namentlich zwischen der
Elbe und der Weser meist sandiges, hügeliges Geestland***), oft nichts als Heide
tragend; nur am Meer und an den Flüssen lagert Marschland, ein „goldner Saum
am abgeschabten Purpurmantel" der Heide. Außerdem haben sich hier, überwiegend
w. von der Weser, weite Moore gebildet. In den Niederungen wachsen sie von
oben nach unten und werden Tiefmoore, Grünlands- oder Unterwasser-
Moore genannt. Die Hoch- oder Überwasser - Moore auf dem Sandboden
der Geest wachsen von unten nach oben und drängen das Wasser nach der Mitte
zu in einen kleinen See zusammen; sie sind deshalb hier uhrglassörmig gewölbt
und erheben sich wohl 3—8 m über die Umgebung. Das größte (1460 qkm) ist
das Bon^rtanger Moor, zwischen dem Deutschen Reiche und den Nieder-
landen; ferner das Saterland, etwa 36km im Umfange, an der S.w.-Grenze
Oldenburgs. Durch Kanäle und Fortschaffen der torfbildenden Masse sucht man
diese Moore in Fehnkolonieen-j-) dem Anbau zu gewinnen. Allein der größte
Teil der Meere liegt noch wüst, ein kleinerer Teil wird durch Abbrennen der
Oberfläche, das den Moorrauch oder Höhenrauch veranlaßt, auf einige Jahre
für den Buchweizenbau hergerichtet. Seeell^giebt es im Innern nur weuige, so den
Dümmer, d. i. Tiefes Meer, und das Steinhuder Meer.
Xii. Das ostelbische Tiefland
ist das Hinterland der Ostsee von der Elbe bis zur Memel, nach O. bis auf
766 km verbreitert. Unsere Ostseeküste ist höher als die der Nordsee und steigt über
166 m empor; teils durch diese Gestaltung, teils durch Dirnen ff) ist sie gegen das
Meer geschützt, das infolge des fast gänzlichen Mangels an Ebbe und Flut weniger
gefährlich ist; doch wüten in den trichterförmigen Buchten auch hier bisweilen furcht-
*) S. Heft 1, Bilderanhang S. 23. **) <§. Bilderanhang S. 55.
***) Geest im Bremischen, Gast in Ostsriesland, verwandt mit güst (unfruchtbar; so
auch Insel Jmst), nennt man im Gegensatz zu Marsch oder Moor den höher gelegenen
Boden, der aus Sand und Lehm mit Steingeröu, Muschelbänken und Findlinasblöcken
besteht.
+) Fehn oder Fenne (friesisch) — Moorland, Sumpsland.
H) S, Bilderanhang S. 56. Vgl. auch Heft \. Bilderanhang S. 23.
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