1893 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von, Oehlmann, Ernst, Rohrmann, Adolf, Schröter, Franz Martin
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
38 Die deutschen Kolonieen.
seinen Nebenflüssen, im äußersten Osten, sind ständig wasserführende Flusse
nicht vorhanden. Die zahlreichen, totliegenden Strombetten werden zwar
bisweilen von Gewitterregen angefüllt, aber nur selten erreicht ihr Wasser
die Küste, und kaum vermögen in ihnen ein paar Wasserlachen ihr Dasein
zu fristen, wenn auch der unterirdische Lauf durch Graben aufzufinden ist.
Klima, Pflanzen und Erzeugnisse. Der ständige S.w.-Wind, der sich über
der polaren Küstenströmung stark abgekühlt hat, ist nicht im stände, der wüstenähn-
lichen Küste Regen zu bringen, auch im kühleren Binnenlande fällt dieser äußerst
spärlich, nur im Ambo-Lande, an der N.-Grenze, reichlicher. Da bei der
großen Trockenheit auch drückende Hitzegrade wenig vorkommen, fo ist das Klima
äußerst , gesund, und Deutsche könnten sich hier in Menge niederlassen, falls ihnen
die Dürre' geregelte Ackerbestellnng erlaubte. Indessen die Trostlosigkeit der Küste,
wo die Häfen ihr Trinkwasser vom Kaplande kommen lassen müssen und wo nur
an den unterirdischen Flußläufen einige seltsame Pflanzen gedeihen, hat der richtigen
Wertschätzung des Besitzes bisher doch etwas zu sehr im Wege gestanden. Man
hat nicht beachtet, daß die Wüste nach etwa 70 km in Buschland mit feinblättrigen
Akazien und mit Mimosen übergeht, deren Schoten ein vorzügliches Viehfutter bieteu.
Der größte Teil des Hinterlandes bildet mit seinem langen, gelben, aber kräftigen
Grase eine gute Viehweide, die Rindvieh selbst zur Ausfuhr und großartige Zug-
ochsen liefert. Dattelpalmen gedeihen bestens, und für die gewinnbringende
Straußenzucht find alle Bedingungen vorhanden. Die Küstenströmung birgt
einen unermeßlichen Fischreichtum, der noch gar nicht ausgenutzt wird. Dazu
sind die Anzeichen von Bodenschätzen Mtpfer, Silber und Gold) in den Rand-
gebirgen doch stark genug, um die britische „S.w.-Afrika-Gesellschaft" anzulocken.
Es ist ihr 1892 die „Dämara-Land-Konzefsion" gewährt mit ausgedehnten
Nutzungsrechten und der Befugnis, von der Walfifchbai nach den Otavi-Grubeu
lbei der Gradkreuzung 20-f-17) eine Bahn zu bauen. — Die Besiedelung des
Landes mit deutschen Landwirten wird von der Deutscheu Kolonial-Gesellschaft
ernstlich betrieben.
Die spärliche Bevölkerung ist recht bunt gemischt. Es lassen sich 4
Hauptgruppen unterscheiden:
1. Die ehemals weiter verbreitete Urbevölkerung besteht aus
a) den armseligen Buschmännern, die ganz in den Osten verdrängt sind',
b) den viehzüchtenden Hottentotten*) (ober Koi-Koin), die wie jene eine durch
merkwürdige Schnaklaute gekennzeichnete Sprache reden. Sie wohnen im Hanptteile
des Südens, dem Groß-Nama-Laude**); einer ihrer Häuptlinge, der jetzt in die
Enge getriebene Hendrik Witbooi, hat sich durch seine Räubereien einen gefürchteten
Namen gemacht. — Ihre Sprache redeu auch die zu den Negern gehörigen Berg-
Damara, im Hauptteile des Nordens, dem Damara-Landc.
2. Die von Norden her eingedrungenen Bäntn-Neger, darunter:
a) der mächtigste Stamm, die Ovaherero, im Damara-Lande; b) die am
meisten gehobenen Ovambo, im Ambo-Lande, die sogar Ackerbau treiben.
3. Unternehmungslustige Bastards, Mischlinge vou Weißen und
Hottentotten, ziemlich in der Mitte der Kolonie.
4. Weiße, darunter:
a) Beeren [büren], die vou ihren Sitzen im Osten ausgeschwärmt sind und
von denen manche holländische Ortsnamen herrühren; b) an 000 Deutsche (ein-
*) S. Bilderanhang S. 5!» und Heft 3, S, 27 und 55.
**) Daher heißen sie auch Nama (unrichtig Namaqna).