1893 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von, Oehlmann, Ernst, Rohrmann, Adolf, Schröter, Franz Martin
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
.Samöa-Jnseln, 47
auf der Berliner Samöa-Konserenz die Inseln für ein unabhängiges und
neutrales Gebiet erklärt haben. Die Vertragsmächte besitzen dort Konsulate,
Flotten- und Kohlenstationen und haben sich die Befugnis gewahrt, den Ober-
lichter zu ernennen, bez. den König von Schweden um seine Ernennung zu bitten.
Sodann hat das Reich mit den Samoanern 1879 einen Handels- und Freund-
schastsvertrag abgeschlossen, und seine Angehörigen haben mit 300 qkm viermal
soviel Grundbesitz in Händen wie die der beiden andern Nationen zusammen.
Lage und Gestalt. Die Inselgruppe wird durchschnitten vom 14. Parallel
s. Br. und den Meridianen 190 und 191 und gehört zur polynesischen Jnselslnr.
Sie besteht aus vier größeren Inseln, unter denen Savaii und Upoln die
andern an Größe weit übertreffen, und vielen kleinen Eilanden und ist mit
2800 qkm. dreimal fo groß wie Rügen. Die Jnfeln sind bis ans eine durch
vulkauische Kräfte entstanden, sämtlich von Korallenriffen umsäumt und besitzen
nur wenige gute Ankerplätze. Die Berge steigen aus der größten Insel Savaii
bis zur Höhe des Rigi auf und zeigen zahlreiche erloschene Krater.
Trotz der hohen und ziemlich gleichmäßigen Durchschnittswärme von 27°C ist
das sonst gesunde Klima für Europäer ganz erträglich wegen der frischen See-
brisen. In der Regenzeit des s. Sommers wird an den Berglehnen hinreichend
Feuchtigkeit ausgeschüttet, so daß viele rasche Flüßchen, voll schöner Wasserfälle,
gespeist, die Berge mit herrlichem Waldwuchs umkleidet und in den unteren Lagen
dem fruchtbaren Boden reiche Ernten an Kokosnüffen, Baumwolle, Kaffee
und den Nährfrüchteu der Südfee-Jnfulaner abgewonnen werden. Die drei ge-
nannten Waren sind die wichtigsten Ausfuhrgegenstände; zumeist werden sie von
deu deutschen Pflanzungen geliefert und ausgeführt durch die Deutsche Süd-
see-Plautagengesellschaft, die Nachfolgerin des Hamburger Haufes Godeffroy,
die auch die Inselgruppen weit umher im Umkreise ausbeutet*). Sie verschifft
jährlich allein gegen 10000 Tonnen Kopra. Das Meer ist reich an Schild-
kröten, die das zu Schmuckgegenständen verarbeitete Schildpatt liefern. Von
Einfuhrwaren werden größtenteils aus Deutschland bezogen- Baumwollstoffe,
Kleider, Eisen-, Leder- und Kurzwaren, Waffen, Steinkohlen und Bier.
Von den 34000 Eingeborenen, deren Zahl im Wachsen begriffen zu sein
scheint, wohnt die Hälfte auf Upolu, der auch für deu europäischen Handel
wichtigsten Insel; dazu kommen an 300 Weiße und 1000 Pslanzuugsarbeiter von
andern Teilen Polynesiens, da die Samoaner eine solche Thätigkeit nicht lieben.
Diese bekennen sich bis auf 4000 Katholiken zum protestantischen Glauben; es
sind kräftige, fchön gewachsene Gestalten mit ansprechender Gesichtsbildung, von
Charakter sind sie gastfreundlich, lebenslustig, leichtsinnig, dabei leicht erregbar
und fehdelustig. Der von den Vertragsmächten anerkannte König Malietoa
Lanpepa steht ans gespanntestem Fuße mit seinem alten Gegner Mataafa, und
dies, wie die Begehrlichkeit der Amerikaner und Nen-Seeländer, scheinen den be-
stehenden Verhältnissen kaum lange Dauer zu versprechen.
Der Hauptplatz ist Apia, ans der Nordseite von Upolu, der Mittelpunkt der
deutschen Plantagengesellschaft. Seine Reede ist leidlich, aber durchaus uuzu-
reichend, wenn einer der Wirbelstürme der Südfee feinen Weg über die Insel
nimmt. Ein solcher vernichtete 1889 an dieser Stelle je 2 deutsche und ameri-
kanische Kriegsschiffe und 8 Handelsfahrzeuge.
*) In ihren Bereich gehören auch die um 4 Breitengrade südlicher gelegenen Tonga-
Inseln (.1000 qkm, 20 000 E.), die durch einen Vertrag des Deutschen Reiches mit
Großbritannien 1886 für unabhängig und neutral erklärt sind. Mit diesem kleinen
„Königreiche der Riffe" hat das Reich 1876 einen Freundschafts- und Handelsvertrag
abgeschlossen, der ihm den für die kohlenarme Südsee äußerst wichtigen Besitz einer Kohlen-
station sichert. Den Handel, der vor allem auch hier Kopra ausführt, haben nächst den
Briten (Neu-Seeländern) die Deutschen in Händen.