1902 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Rohrmann, Adolf, Schröter, Franz Martin, Oehlmann, Ernst, Seydlitz, Ernst von
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Ostelbisches Tiefland. 53
das infolge des fast gänzlichen Mangels an Ebbe und Flut weniger gefährlich
ist als die offene Nordsee. Vorgelagerte Sandinseln, wie in der Nordsee, fehlen.
An der Küste treten sogar z. B. auf Rügen und am Stettiner Haff (im Inneren
nur im f.ö. Mecklenburg und bei Rüdersdorf s.o. von Berlin) die lehren Reste
des die Grundlage des Tieflandes bildenden alten Kreidegebirges zu Tage. Darum
gibt es au der Küste der Ostsee äußerst fruchtbare Inseln, wie das obstreiche
Alfen, Fehmarn und teilweise Rügen.
Die Ostsee hat an den Flußmündungen Haffe1, Strandseen süßen oder brackigen
Wassers, die durch dicht aneinander schließende Inseln oder lange, schmale, mit Dünen
bedeckte Landzungen, Nehrungen, bis auf eine schmale Öffnung vom Meere ge-
trennt sind. Die Kurische Nehruug ist 100 km lang und meist nicht 2 km breit,
ihr Aussluß uach der Ostsee nur 0,5 km breit.
Im Inneren aber unterscheidet sich das Ostelbische Tiefland von dem West- § 75.
elbischen durch zwei niedrige Landschwellen, den nördlichen und den süd-
lichen Höhenzug, zwischen denen die tiefsten, noch vielfach versumpften Strecken
des Tieflandes, von O. nach W. geneigt (Lromberg 37 rn, Küstriu 13 w, Finow-
Kanal 37 m, Havelberg 20 m), sich ausdehnen. So entsteht die Form einer
flachen Mulde, die wie der Lauf der Flüsse zeigt, nach W. sich senkt. Der n.
Höhenzug zieht der Küste parallel als breiter Gürtel ans der S.-Grenze Preußens,
Pommerns, Mecklenburgs hin und endet in N.-Jütland, bei Aarhnus noch 170 m
hoch. Er führt der vielen Seen wegen auch den Nameu Baltische Seenplatte
und gliedert sich in Deutschland in die beiden stasselsörmig von N.o. nach S W.
streichenden ö. Schollen, die Preußische Seenplatte zwischen Memel und Weichsel-
knie (Kulmer Land) und die Pommersche zwischen Weichsel und Oder, und in die
ebenfalls staffelförmig, jedoch von N.w. nach S.o. gelagerten w., die Meckten-
burgische und die Schleswig-Hol st ei nische Seenplatte^. Die höchste Erhebung
im deutschen Anteil der Seenplatte, der Turmberg im O. des Pommerschen
Höhenzuges, ist mit 330 rn die höchste Erhebung in Niederdeutschland. Die
Höhe der Seenplatte nimmt wie die der Mulde von O. nach W. hin ab.
Der Baltische Rücken ist reich an Kieferwaldungen 3 und ausgezeichnet durch
seine häusigen Findlingsblöcke sowie seine zahllosen Seen, von deren teils tiefen,
teils flachen Becken einige vermutlich durch die Wasser der schmelzenden Gletscher
ausgewaschen wurden. Die größten Seen sind die Müntz, d, t. Kleines Meer,
in Mecklenburg, 133 qkm, bis 22 m tief, und der Spirdingfee in Ostpreußen,
mit Nebenseen 150 qkm, bis 25 m tief. Aus dem Gebiete der ostpreußischen
Seen führt nach N.w. hin der Elbing-Oberländische Kanal nach dem
Frischen Haff, der mittels geneigter Ebenen ^ einen Höhenunterschied von mehr
als 100 m überwindet. — Den Ruf landschaftlicher Schönheit besitzen neben
Rügen mit Recht die Gegenden um Danzig und Oliva, die an malerischen,
gebirgsartigen Formen reich sind, ebenso in Mecklenburg die Landschaften um
den Tolleufe-See, u.ö. von Nen-Strelitz, und um den Malchiner See an der
oberen Peene, und in Holstein die Umgebung von Hamburg, Eutin, Plön,
Kiel, Flensburg. Die mit üppigen Wäldern gekrönten Höhen, zu deren Füßen
i „Haff" bedeutet ursprünglich „Meer". 2 Bilderanhang S. 126.
3 Die Tuchler Heide in Pommerellen ist etwa 100 km lang, 30—40 km breit,
dte I 0 hannisburger in Mafuren, f. vom Spirding-See, ist ebenso groß.
4 Sd. f. Schiffseisenbahnen. In der Schleuse fährt das Schiff auf einen aus Schienen
laufenden Wagen oder neuerdings in einen auf Räder gestellten Wasserkasten und
wird dann auf oder in diesem die geneigte Eisenbahn hinabgelassen oder hinaufgezogen.