1911 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Lehmann, Richard
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Kulturelle Gliederung. Staatenbildung.
3m Lüden Afrikas leben noch die Hottentotten und die Buschmänner. Es sind
kleine Reste ehemals größerer Völker. Dasselbe gilt von der Urbevölkerung Indiens,
den Papuas auf den festlandnahen Inseln Australiens und den Australschwarzen.
von der kulturellen Gliederung des Menschengeschlechts. Je nach der
5trt, wie der Mensch sich die Natur dienstbar macht und der Erde ihre Gaben zur
Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse (Nahrung, Kleidung, Obdach) abringt, unter-
scheidet man Naturvölker, Halbkulturvölker und Kulturvölker.
Naturvölker schweifen unstet und planlos umher. Sie ernähren sich durch das Suchen
von Nahrungsmitteln aus dem pflanzen- und Tierreich (Knollen, Wurzeln, Leeren, wild-
wachsende Früchte — Würmer, Muscheln, Schnecken, Vogeleier). 3u ihnen gehören die
Australneger, die Buschmänner, die Feuerländer, Völkerreste im brasilianischen Urwald, im
Innern von Neuguinea, Eelebes usw.
Die Halbkulturvölker, zu denen die Indianer, Eskimos, Nordasiaten und polynesier
gehören, sinden in den Polarzonen, in den Urwaldgebieten und auf den Inseln Polinesiens
durch Iagd und Fischfang ihren Lebenserwerb, häufig artet die Jagd zu schonungsloser
Naubwirtschast aus (Pelztiere Sibiriens, Bison in Nordamerika, Elefant in Afrika). In Nord-
afrika, den Hochländern Westasiens, den Pampas Südamerikas, in Südafrika, den Steppen
Asiens und Australiens führen Hirtenvölker mit ihren Herden ein Nomadenleben von
Weideplatz zu Weideplatz. Der Pflug ist den Halbkulturvölkern noch fremd, wohl aber
bebauen sie mit einfachen hacken aus Stein, Horn und holz das Land. Sie ernten
Knollengewächse, sowie Hülsenfrüchte, Niais und Gemüse.
Die Kulturvölker betreiben Landwirtschaft als Plantagenbau (Tropen), Ackerbau (in
der gemäßigten Jone) und Gartenbau (Japan, Ehina, Holland, Frankreich, Umgebung
der deutschen. Großstädte). Bergbau, Industrie, Handel und Verkehr sind bei ihnen hoch
entwickelt' Wissenschaften und Künste blühen. Sie gliedern sich in Landwirtschafts- oder
Agrarstaaten, Industriestaaten und Handelsstaaten. Zu den Agrarstaaten gehören die ver-
einigten Staaten von Amerika, Ungarn, Schweden, Nußland, Italien, ganz besonders aber
Numänien, Argentinien, Uruguay und China. Reine Industriestaaten sind Belgien und
Großbritannien. In der Entwicklung zu Industriestaaten befinden sich die Schweiz und die
Niederlande, während das Deutsche Reich sowohl Agrar- wie Industriestaat ist. Lebhaften
Handel, teils mit Rohstoffen, teils mit Industrieprodukten betreiben Großbritannien,
Deutschland, Belgien, Norwegen, Japan, die vereinigten Staaten von Amerika, die Schweiz
und die Niederlande.
Von der Bildung der Staaten. Den ersten Nienschen stand das gesamte Fest-
land der Erde zur Wanderung und Wahl des Wohnsitzes offen. Wohin sich einzelne
Familien, Stämme oder Völkerschaften wandten, hatten sie sich nur gegen die feind-
liche Tierwelt zu behaupten. Mit der Vermehrung der Menschen begannen die feind-
lichen Berührungen untereinander. Sie hatten sich gegen das Eindringen benachbarter
Stämme in ihr Wohn-, Jagd- oder Weidegebiet zu schützen und schlössen sich zu Ge-
meinschaften oder Staaten zusammen, die nach Recht und Gesetz regiert werden mußten.
Geht in einem solchen Staat die höchste Gewalt von einem Oberhaupte aus, so heißt
er Monarchie. Der Monarch besitzt entweder eine unumschränkte oder absolute
Gewalt, wie sie der Kaiser von Rußland bis zum Jahre 1905 hatte, oder seine Herr-
schaft ist beschränkt, konstitutionell, wie in Deutschland, Österreich, Rußland usw.,
indem er das Recht der Gesetzgebung und die Überwachung der Staatsgewalt mit
Vertretern des Volkes teilt. Im Freistaat, in der Republik (Frankreich, Schweiz), be-
trachtet sich das ganze Volk als Inhaber der höchsten Staatsgewalt, überträgt aber
deren Ausübung auf ein für bestimmte Zeit gewähltes Oberhaupt, den Präsidenten.