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1. Teil 3 - S. 76

1911 - Leipzig : Freytag
76 G. Die Deutschen Kolonien. 1. Gründe für die Kolonisation. Kolonien oder Pflanzstädte wurden seit alter Zeit von kulturkräftigen Völkern außerhalb des Heimatlandes angelegt, teils um ihren Einfluß auf andere Gebiete zu übertragen, teils auch nur, um einer Übervölkerung im Mutterlande vorzubeugen. Häufig war auch der wirt- schaftlich schlechte Zustand des Hauptlandes die Veranlassung zur Gründung von Außensiedlungen, und namentlich in trockenen Gebieten, wo öfter Mißernten vorkommen, trat dieser Fall in alten Zeiten mehrmals ein. Jetzt ist die Veran- lassung zum Gründen von Kolonien häufig dieselbe, wie die Veranlassung zum Auswandern überhaupt: Unzufriedenheit mit den politischen, wirtschaftlichen oder religiösen Zuständen der Heimat. In Zeiten, wo neue große Erdräume ent- deckt wurden, hat auch die einfache Unternehmungslust zur Anlage von aus- wärtigen Besitzungen geführt. Nicht jede Siedlung im fremden Lande bezeichnet man im engeren Sinne als Kolonie, sondern man hat sich daran gewöhnt, diesen Namen nur dann anzu- wenden, wenn es sich nicht nur um eine Verpflanzung von Menschen, sondern zugleich um eine Verpflanzung und Ausbreitung höherer Kultur handelt, im Gegensatze zu den kriegerischen Eroberungen, die häufig mit der Zertrümmerung von Kultur enden. Deshalb waren die wichtigsten Gründer von Kolonien in alter Zeit die Phönizier und die Griechen, im Mittelalter die Spanier und Portugiesen und die deutschen Kaufleute, sowohl der Hansabund als auch die großen Handelshäuser der Fugger und Welser. In neuester Zeit kommen in erster Linie diejenigen in Betracht, die wegen religiöser Bedrückung zur Auswanderung gezwungen wurden, wie die Quäker und die Mormonen, die in Amerika große Gebiete zivilisiert haben. 2. Arten der Kolonisation. Die Kolonien sind je nach ihrem Zweck verschie- dener Art. Man legt sie an, um die überschüssige Bevölkerung oder lästige Staats- angehörige dort unterzubringen (Verbrecherkolonien). Manchevölker nehmen auch bloß aus Eroberungslust andere Länder in Besitz, um dort Herrschaft auszuüben, wie beispielsweise die islamitischen Völker. Wichtiger sind die auswärtigen Besitzun- gen, in denen man wirtschaftlich zu arbeiten gedenkt. Diese teilt man in solche, wo die Begründer sich selbst dauernd niederlassen (Siedlungskolonien), und solche, in denen man sich zwar nicht aufhalten, wo man aber mit seinem Kapital und durch die Arbeitskraft anderer Leute einen Gewinn erzielen will (Wirtschaftskolonien). Die ersteren sind auf solche Gegenden beschränkt, wo das Klima der Kolonie dem des Mutterlandes ähnlich ist. Zu ihnen gehören die großen Stufen in der Verbreitimg der Menschheit über den ganzen Erdboden, wie etwa die Besiedlung Europas von Asien her oder das Vordringen der Europäer in Amerika und Australien. Die zweite Art findet sich besonders in tropischen Gegenden, wo man Bergbau betreibt, Pflanzungen gründet oder auch nur Handelsfaktoreien anlegt, um aus den dortigen Erzeugnissen einen Vorteil zu erzielen. Die Arbeit läßt man dann entweder durch Eingeborene oder durch solche Leute verrichten, die man eigens zu diesem Zwecke einführt (Negersklaven, Kulis oder auch Verbrecher). Die persönliche Beteiligung der Kolonisatoren erfolgt dann gewöhnlich nur dadurch, daß man die Aufsicht über die Arbeiter ausübt oder sein Kapital in den Unternehmungen anlegt.
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