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1. Teil 3 - S. 77

1911 - Leipzig : Freytag
77 3. Rechtliche Stellung. Die rechtliche Stellung der Tochterpflanzung zum Mutterlande ist sehr verschieden. Entweder nimmt man das neue Gebiet in den sogenannten Schutz des Hauptlandes auf; so waren bei den Römern die sämt- lichen Kolonien ursprünglich unterworfene Bundesgenossen. Oder man unterwirft die Besitzung dem Stammlande vollständig, wie wir es mit unseren Kolonien tun, wenn man es nicht nach englischem Muster vorzieht, ihnen eine gewisse Selb- ständigkeit zu lassen und sich selbst nur ein Protektorat beziehungsweise eine Schutzherrschaft zu sichern. Neuerdings unterscheidet man bei den Kolonien das vollständig unterworfene Gebiet im engeren Sinne von einer Interessensphäre, d. i. einem weiteren Gebiete, auf das man sich seinen Einfluß und Erwerbsrechte vorbehält. 4. Deutsche Kolonien. Die deutschen Stämme hat ihr Wandertrieb von jeher zur Ko Ionisierung getrieben und die Kultur der östlich und nördlich von Deutschland liegenden Länder ist ein Beweis dafür, wie ernstlich sie in früheren Jahrhunderten ihre Kultur verbreitet haben. Aber zu einer Kolonisation in überseeischen Ländern — unter Kolonie versteht man heute fast ausschließlich überseeische Besitzungen — konnten sie nicht kommen, da sie keine Schiffahrt betrieben. Zwar hatte die Hansa ihre Handelsplätze jenseits der Ost- und Nord- see, aber diese gingen in späterer Zeit ebenso verloren wie die venezolanischen Besitzungen des Hauses Welser. Es war ein großartiges Unternehmen, als im Kurfürstentum Brandenburg eine „afrikanische Kompagnie" gegründet wurde ,,zur Verbesserung der Schiffahrt und des Commercii, als worin die beste Aufnahme eines Landes besteht". Der Major v. Gröben landete mit zwei Kriegsschiffen an der Goldküste von Guinea und legte am 1. Januar 1683 auf einem Berge Groß-Friedrichsburg an. Bald entwickelte sich ein reger Verkehr zwischen der Kolonie und dem Mutterlande. Schließlich übernahm der Große Kurfürst die Verwaltung der kolonialen Geschäfte selbst in ähnlicher Weise, wie der belgische König die Ver- waltung des Kongostaates führte. Er dehnte seine Pläne soweit aus, daß er sogar eine Niederlassung auf St. Thomas in Westindien erwarb. Aber gegen die eifer- süchtigen Anfeindungen der Niederländer konnte man die Besitzungen nicht lange halten und sie wurden daher (im Jahre 1720) an die Holländer verkauft. Die wirtschaftlich und politisch ungünstigen Verhältnisse des Deutschen Reiches brachten es mit sich, daß in der späteren Zeit an die Erwerbung von über- seeischem Besitz nicht gedacht werden konnte. Aber nach der Erstarkung und Einigung Deutschlands in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts regte sich das Verlangen in Deutschland, ebenfalls Kolonien zu erwerben, bevor die ganze Erde unter den Nationen vollständig aufgeteilt wäre. Ein Versuch, die Samoainseln zu erwerben, wo der deutsche Handel wesentlich beteiligt war, scheiterte an der Abneigung der Volksvertretung. Bald aber gelang es, dank der Tatkraft einzelner Forscher, besonders des Grafen Pfeil und von Karl Peters, kleinere Landesteile in deutschen Besitz zu bringen. So wurden in den beiden letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts nach und nach Togo, Kamerun, Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika, Kaiser Wilhelms-Land, der Bismarck- archipel, die Salomoninseln und die Marschallgruppe erworben; zuletzt wurden Kiautschou von den Chinesen gepachtet, die Karolinen und Marianen von den
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