1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Wehrhan, Karl, Sievers, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
32 Schleswig-Holstein.
Die Holsten sind groß gewachsen, haben blaue Augen und blondes haar- sie sind
langsam und bedächtig, aber auch fleißig und ausdauernd. In alter Zeit hatten sie viele
kämpfe mit den vithmarsen, Dänen und Wenden zu bestehen,- sie sind aber schließlich
doch Sieger geblieben. Sie haben das eroberte Land der Wenden größtenteils, das
südliche Schleswig bis zur Schlei ganz besiedelt und für das Deutschtum gewonnen.
In der Gegend von Neumünster, dem sogenannten Aukrug, sind viele wenden ge-
blieben und haben sich mit den Holsten vermischt? daher findet man dort mehr kleine
und mittelgroße Personen mit dunklem haar und braunen flugen.
Tmttelholstein ist ein rechtes Bauernland. Nur im (Dsten finden sich große Güter,-
das eigentliche Holstenland kennt nur Bauernhöfe. Die Besitzer heißen hufner. In
der ältesten Zeit gab es wohl nur ganze oder volle Hufen. Erst als mehr Wald gerodet
und in Ackerland verwandelt war, wurden die Hufen in halb- und Viertelhufen ge-
teilt, da diese Teilstücke nun hinreichten, eine Kamilie zu ernähren. Außer den hufnern
gibt es in jedem Dorf Kätner (Kleinbauern) und Insten oder Heuerlinge. Oer Stand
der Kätner ist wohl erst 200 Jahre alt. Er ist aus den jüngeren Kindern der hufner
hervorgegangen. Oer ältem Sohn erbte die Hufe,- ein jüngerer Sohn bekam nur ein
Haus mit etwas Land. Jetzt werden viele Hufen parzelliert, d. h. in Teilstücken ver-
kauft. Dadurch wird die Zahl der Landstellen größer, und es steigt damit die Le-
wohnerzahl. Nlittelholstein ist jetzt schon dichter bewohnt als das fruchtbarere (Dst-
Holstein.
Das holsteinische Dorf. Die holsteinischen Dörfer liegen geschlossen,
haben aber ganz unregelmäßige Straßenzüge. Nur in den Kirchdörfern stehen
die Häuser eng zusammen; sonst ist ein Bauernhof sehr geräumig und mit
zahlreichen Gebäuden (Wohnhaus mit Viehhausflügel, Scheune oder Schuppen,
Lackhaus, Schweinestall, verlehntshaus) besetzt. Ein holsteinisches Dorf mit
uralten Eichen, schattigen Linden und blühenden Kastanien ist ein hübscher
Anblick. Das alte Sachsenhaus (ein Rauchhaus ohne Schornstein und ohne
Oiehhausflügel) ist eine Seltenheit geworden. Leider wird das Strohdach
durch das Pappdach oder durch das noch häßlichere Zinkblechdach verdrängt.
Die Städte in Mittelholstein.
Die ältesten Städte der Landschaft sind Rendsburg, Itzehoe und Kiel? in
späterer Zeit erfolgte die Gründung von Kellinghusen, Segeberg und Neumünster.
Rendsburg liegt an der Eider und am Kaiser-Wilhelm-Kanal. Die Stadt
ist aus einer Burg hervorgegangen, die auf einer Eiderinsel lag. Rendsburg
hat eine sehr günstige Lage, da die wichtigste Verkehrsstraße, die die Provinz
von Norden nach Süden durchzieht, über Rendsburg führt und dort die Eider
und den Kanal kreuzt. fln die Stelle der alten Verkehrswege sind Eisenbahnen
getreten. Zünf Eisenbahnlinien laufen in Rendsburg zusammen. Die Eider
war früher eine wichtige Wasserstraße, besonders nach Erbauung des Eider-
kanals. Bis hierher konnten Schiffe mit 3 m Tiefgang gelangen. Rendsburg
und die Dörfer an der Eider hatten zahlreiche Segelschiffe, und bei Rendsburg
waren mehrere Werften, die diese Segler bauten. Das ist nach Erbauung des
Kaiser-Wilhelm-Kanals anders geworden,- denn die Segler können den Idett-
kämpf mit den Dampfschiffen nicht aushalten,- ihre Zahl geht deswegen schnell
zurück. Auch hat die Eider als Wasserstraße durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal
verloren. Die Stadt selbst hat natürlich durch den Kanal an Bedeutung ge-
wonnen. Rendsburg war früher eine wichtige Festung; einzelne Reste der