1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Wehrhan, Karl, Schulz, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Regionen (OPAC): Rheinland
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
Schlamm in ihm ab, so bedeckte sich das Gebiet nach und nach mit lockeren Erd-
massen. Das bedeutendste unter den genannten Gewässern war der Rhein,
der sich ftüher bei Bonn in das Meer ergötz. Als dieses mehr und mehr
zurückwich, führte der Rhein seine Zluten weiter, va er ein viel größeres
Gefälle hatte als heute, schwemmte er einen Teil der sich abgelagerten Erd-
schichten wieder fort, so daß sich die Lucht noch bedeutsam vertiefte. Allmählich
verringerte sich das Gefälle, und die Abschwemmungen ließen nach. Jetzt ver-
fandet der Rhein von Jahr zu Jahr mehr und läßt bei Überschwemmungen
mehr Erdmassen zurück, als er mit sich fortwälzt. Krüher unterschied man
außer dem Hauptlaufe des Rheines, der ungefähr die Richtung des jetzigen
hatte, noch einen alten linksseitigen und alten rechtsseitigen Nebenlauf, deren
Spuren in der Eölner Bucht deutlich erkennbar sind. Teils versandeten die
Nebenläufe, teils wurden sie durch Menschenhand trocken gelegt. Oer Haupt-
arm hat auch noch häufiger seinen Lauf teils nach rechts, teils nach links ver-
schoben,- so floß er früher am bekannten Tölner heumarkt vorüber, der jetzt mehr
im Mittelpunkte der Stadt zu suchen ist.
I. Erwerbsquellen. Die Tölner Luch bietet ihren Bewohnern reiche
Erwerbsquellen der verschiedensten Art. Oer überaus fruchtbare, lockere Lehm-
boden erzeugt im verein mit dem günstigen Klima ein hervorragendes Ackerbau-
gebiet. Wogende Roggen- und Weizenfelder, deren übervolle Ähren sich tief
unter der schweren Körnerlast neigen, sichern reiche Ernten. Ausgedehnte
Zuckerrübenfelder, Tabakpflanzungen, Gemüse- und Obstgärten bringen hervor-
ragenden Gewinn. Weniger fruchtbar ist die rechte Rheinseite. Dort treffen
wir sogar eine große Heide an, die Wahner Heide, die von den Soldaten als
Übungsplatz benutzt wird. Allerorts herrscht in der Tölner Bucht rege Industrie.
Tin gewaltiges Eisenbahnnetz durchzieht sie und erleichtert den Bewohnern
Handel und Verkehr mit aller Welt. Außer den unzähligen Eisenbahnen, die
das Gebiet durchsausen, dient der breite Rheinstrom als wichtige Handels- und
Verkehrsstraße. Schon im Altertum, besonders aber im Mittelalter, galt der
Rhein als bedeutende Handelsstraße, doch erst in der Neuzeit ist er zur ersten
Wasserstraße Europas geworden. Den Bemühungen der Strombauverwaltung
ist es gelungen, den Schiffen bis Töln eine Kahrwassertiefe von 3 m auch bei
niedrigem Wasserstand zu schaffen. Handel und Verkehr wurden dadurch
bedeutsam erleichtert und blühten gewaltig empor. In früherer Zeit mußten
Pferde, die am Ufer auf dem sogenannten Leinpfade gingen, die Schiffe ström-
aufwärts ziehen. Gegenwärtig benutzt man zu diesem Zwecke Schleppdampfer,
die eine Reihe von Rheinkähnen, Schleppkähne genannt, hinter sich herziehen.
Die Größe dieser Rheinkähne, die hauptsächlich Köhlen, holz und Steine befördern,
ist sehr verschieden. Das größte deutsche Rheinschiff, das 102 m lang und über
12 m breit ist, faßt 2474 t, also ungefähr soviel wie 250 Eisenbahnwagen laden
können. Außer diesen großen Rheinschiffen vermögen auch kleine Seedampfer
auf der vorzüglichen Wasserstraße stromaufwärts bis Eöln zu fahren. Die
Klößerei, die früher eifrig betrieben wurde, hat heute an Bedeutung verloren,