1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Wehrhan, Karl, Schulz, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Regionen (OPAC): Rheinland
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
88 Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
von ihnen sehr geliebten, leutseligen Kürsten noch zu seinen Lebzeiten auf dem
Marktplatz ein aus Rupfer gegossenes Denkmal. Es zeigt „Jan röellem", so
heißt er im Düsseldorfer Volksmunde, hoch zu Rotz- angetan ist er mit einer
schweren Rüstung, sein von langen Locken umwalltes Haupt schmückt die
Rurfürstenkrone, in seiner Rechten hält er den Herrscherstab.
vom Kurfürsten Johann lvilhelm.
Oer Kurfürst Johann lvilhelm liebte sehr die Jagd. Einmal hatte er sich im
Königsforste zu Vensberg verirrt und wußte sich nicht mehr zurechtzufinden. Er ging
viele Stunden lang bis über Mittag und wurde bei der Anstrengung gewahr, wie der
Hunger tut. Er hatte ihn wohl zum ersten Male kennen gelernt, plötzlich kam er an
ein Haus, vor Ermüdung brach er zusammen und bat um Nahrung. Es war ein
Bauernhaus,- man hatte dort Speck und Erbsen gekocht. Die setzte die Krau des Lauern
dem Kurfürsten vor in der Meinung, er sei, wie er angab, ein fremder Jägersmann.
Oas Speck- und Erbsengericht und das Haferbrot schmeckten dem Kurfürsten so wohl, wie
ihm noch nie eine Speise gemundet hatte. Als er nach Düsseldorf zurückgekehrt war
und ihm die leckeren Speisen daselbst nicht zusagen wollten, da befahl er, Speck und
Erbsen zu kochen,' denn das sei das köstlichste Essen von der Welt. Wie der Koch aber
auch die Speisen anrichtete, der Kurfürst sagte, im Königsforste hätte er das besser
gegessen. Endlich mußte ein Eilbote hinausreiten und die Bäuerin bestellen, damit
sie die Lieblingskost dem Kurfürsten so schmackhaft zubereite, wie er sie in ihrem Hause
genossen habe. Auch sollte sie ein Bauernbrot mitbringen. Die Bäuerin wurde in einem
Wagen des Kurfürsten nach Düsseldorf geholt, Was die gute Krau ihm aber auch
kochte, es wollte ihm nicht schmecken; ebensowenig mundete dem Fürsten das Hafer-
brot, das sie mitgebracht hatte. Das kam aber daher, daß ihm die hauptwürze, der
Hunger, fehlte, der ihm bei der Ermüdung im Königsforste die Speisen gewürzt hatte.
Das wurde dem Kurfürsten bald klar, und er pries die Arbeiter glücklich, weil ihnen
in ihrem Arbeitsleben jede Mahlzeit schmecke. Noch heute will uns diese Wahrheit
das bergische Sprüchlein zurufen: .
lver sich vor Arbeit nicht tut schrecken,
Dem wird's wie dem Jan lvilhelm schmecken.
(M o n t a n u s.)
wie man in Düsseldorf das Recht zu Grabe läutete.
Einstmals ging der Narr des Herzogs zu Düsseldorf am Rheine spazieren. Da
kam ihm ein Bäuerlein aus der Stadt entgegen, das trug ein Bündel Papier unter
dem Arme und schlich gar betrübt seines Weges einher. „Wohin geht die Reise?"
fragte der Narr. „An den Bettelstab," antwortete der Bauer, „ho, ho," sagte der
Narr, „das ist ein Stab, der für so wohlbeleibte Leute, wie Ihr seid, schlecht taugt." —
„Danach haben die da drinnen in der Stadt nicht gefragt," erwiderte der Bauer, „ich
muß an den Bettelstab von Rechts wegen." — „So seid Ihr also ein Nichtsnutz und
Kaulenzer, wenn Ihr von Rechts wegen an den Bettelstab kommt?" — „® nein,"
schrie der Bauer, „wenn das wäre, so geschähe mir mein Recht, aber leider ist es ganz
anders!" Und nun erzählte er dem Narren, wie sein Nachbar, ein habsüchtiger und
böser Junker, ihm Prozeß auf Prozeß an den hals gehängt, bis er ihm wider sein klares
und gutes Recht den letzten Acker und die letzte Kuh abgenommen habe, „hier habe
ich meinen Besitz verbrieft und versiegelt," schloß er endlich, „und ich armer Mann
kann ihn doch nicht gegen den mächtigen Junker und die ungerechten Richter behaupten."
Damit warf er das Bündel Papier, das er unter dem Arme trug, auf die Erde.
„Laßt doch sehen," sagte der Narr, nahm die Papiere, setzte sich auf einen Stein
und fing an, darin zu lesen. Er schüttelte dabei oft mit dem Kopfe und rief einmal