1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Werhan, Karl, Sahm, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Regionen (OPAC): Ostpreußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
28 Ii. Heimatkunde der Provinz Ostpreußen.
ein Stück davon ins Auge, daß er noch desselbigen Tages völlig erblindete, vorauf
fing der zweite Arbeiter an zu hauen. Aber schon nach dem zweiten Schlage zerbrach
ihm der Arm, daß er nicht weiterarbeiten konnte. Dem dritten Gesellen gelang es
endlich, den Stein zu sprengen und in die Mühle zu schaffen. Aber als er am dritten
Tage darauf in seine Heimat zurückkehren wollte, wurde er plötzlich krank und starb
unterwegs, ehe er noch sein Haus erreicht hatte. Doch auch dem Müller Schwarz hatte
der Stein nur Unglück gebracht. Seit der Verarbeitung des (Dpfersteins schwanden
Glück und Wohlstand aus seinem Hause. Oen einen der aus dem heiligen Steine her-
gestellten Mühlenläufer hatte er an den Müller in Kummetzen verkauft, da er ihm zum
Mahlen zu hart schien. Schwarz ergab sich dem Trünke, seine Zrau ließ sich von ihm
scheiden, und er nutzte von dem Seinigen gehen. Nach langer Zeit fand er endlich in
der Kummetzischen Mühle ein notdürftiges Unterkommen, ohne zu ahnen, daß der
Rachegeist des Rombinus hier seiner noch nach 24 Jahren harrte. Eines Morgens
stand bei vollem Winde die Mühle plötzlich still, va fand man Schwarz ins Kammrad
geflochten und gräßlich zermalmt.
So rächte der Gott Perkunos die Wegnahme seines Opfersteines, an dem er mehr
als tausend Jahre verehrt worden war. Oie goldene Schüssel und die silberne Egge
hat man nicht gefunden, obschon man danach eifrig suchte. Seitdem der Stein fort ist,
frißt der Memelstrom von unten in den heiligen Berg hinein, und oben auf ihm
weht der Wind den Sarid auseinander, so daß die Stelle längst nicht mehr ist, wo einst
der berühmte Opferstein lag. Und wenn der ganze Berg fortgeschwemmt sein wird,
dann, so sagen die Litauer, wird großes Weh über das Land hereinbrechen.
2. Die Riesenwerte an der windenburger Ecke. Im Kurischen Haffes an'der
Windenburger Ecke, ist.eine Sandbank, welche die Schiffahrt erschwert, und auf dem
Lande zieht sich in derselben Gegend eine lange Reihe von Granitblöcken hin. Über
den Ursprung der Sandbank und des Steindammes berichtet die Sage folgendes:
Eine Riesin, welche zu Ridden auf der Kurischen Nehrung wohnte, hatte jenseits
des Haffes in Windenburg einen jungen Litauer zu ihrem Bräutigam und pflegte täglich
zu ihm hinüberzusteigen, da er nicht kommen konnte. Das Ufer bei Windenburg aber ist
sehr sumpfig, so daß sie tief einsank. Um die Gegend trockenzulegen, verband sie sich mit
dem Teufel. Sie wollte eine Schürze voll Sand von der Nehrung hinbringen, er sollte
einen Sack voll Steine dorthin schaffen. Aber der Plan mißglückte. Die Riesin ließ,
während sie über das Haff stieg, einen Zipfel ihrer Schürze los, so daß der Sand ins
Haff fiel und so die Sandbank entstand. Oer Teufel aber, welcher den Sack mit Steinen
herbeischleppte, merkte nicht, daß dieser ein Loch hatte, und so verlor er den größten
Teil der Steine schon unterwegs.
Z. Der alte vessauer in Litauen. Oer König Friedrich Wilhelm I. hatte einmal
seinen General, den alten Fürsten von Oessau, nach Litauen geschickt, um dort große
Leute für die Garde zu suchen. Bei dieser Gelegenheit hatte der alte Oessauer das Land
kennen gelernt. Als einige Zeit darauf der König einmal sagte, er habe doch viele Ge-
biete in seinem Lande, z. L. auch Litauen, mit denen nichts anzufangen wäre, da meinte
der alte Oessauer, das hieße wohl diesem Lande Unrecht tun. Er beschrieb nun dem
Könige, was es Schönes in Litauen gebe. Dadurch ward dieser auf das Land auf-
merksam und tat ihm viel Gutes. Aus Oankbarkeit dafür schenkte er dem Fürsten
die Herrschaft Rorkitten in Litauen. Oer alte Oessauer aber war bekanntlich ein guter
Wirt, und er machte auf seiner Begüterung allerlei nützliche Einrichtungen. Unter
anderm ließ er in dem Oorfe Bubainen eine neue Mühle bauen. Als diese bald fertig
war, kam eines Tages ein litauischer Müllergeselle herbei, welcher bat, an der Mühle
arbeiten zu dürfen. Oas wurde ihm aber abgeschlagen, weil der Fürst nur Leute aus
Oessau daran arbeiten ließ und glaubte, daß die Litauer hierzu untauglich wären.
Oarüber wurde der Geselle sehr erzürnt, und er schwur, daß man ihn noch zurückholen
werde.