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1. Heimatkunde von Ostpreußen - S. 59

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
Bilder aus Ostpreußens Vergangenheit. 59 ein Erzieher der Menschheit geworden- denn er lebte so, wie er es von seinen Schülern forderte, Da er von Natur einen sehr schwächlichen Körper besaß, so suchte er ihn durch eine regelmäßige Lebensweise zu kräftigen. Diese war bis ins kleinste geordnet. Im Winter wie im Sommer stand er schon früh um 5 Uhr auf. von seinem Diener ließ er sich gern bestätigen, daß er noch niemals versäumt habe, dem Weckrufe Zolge zu leisten. Oer ganze vormittag war mit Arbeiten erfüllt. Von 1— 3 Uhr saß er bei der Mittagstafel und hatte es gern, mit geladenen Gästen während des Essens geistreiche Gespräche zu führen. Er selbst verstand es in hervorragender lveise, die Unterhaltung zu beleben. Humor und Witz, Ernst und Scherz, mitunter auch wohl etwas Spott, wechselten mit- einander ab. Besonders gerne suchten gebildete Zrauen seine Unterhaltung? denn er konnte ebenso leicht über häusliche Dinge wie über gelehrte Sachen reden. Täglich machte er zur bestimmten Zeit einen Spaziergang über den Philosophendamm in der Nähe der heutigen Klapperwiese. Oft auch ging er in Legleitung von Kreunden nach dem entfernteren Moditten hinaus. Auf längere Zeit jedoch hat er seine Vaterstadt nie verlassen. Die Stelle, an welcher sein Wohnhaus stand, ist heute noch durch eine Tafel an dem Hause Prinzessinstraße 2 kenntlich gemacht. Dort lesen wir: „Immanuel Kant wohnte und lehrte hier von 1783—1804." Kant starb im Alter von 80 Jahren und ist in einer Gruftkapelle neben dem Dome beigesetzt. An Kant erinnert auch eine Gedenktafel, welche in der Steinmauer des Schlosses am Gesekusplatz angebracht ist und ein berühmtes Wort des großen Gelehrten enthält. 8. Line Plünderungsszene aus der Franzosenzeit. Um die Mittagszeit des 8. Kebruar 1807 waren die ersten Zranzosen in Lornehnen, einem Gute in der Nähe von pr. E^lau, angekommen. Die Plünderung hatte sofort begonnen. Der erste Ansturm galt dem Gutshause, das von oben bis unten durchsucht wurde. Jeder nahm, was ihm gut dünkte. Im Gefolge der Soldaten befanden sich polnische Juden und machten sie auf die ihnen kostbar erscheinenden Stücke des Hausrats aufmerksam. Im Keller fiel ein Haufe der Plünderer über die dort lagernden Wein- und Branntwein- Vorräte her. Zuletzt hob ein Streiten und prügeln unter den Trunkenen an. Man zerschlug die Zässer, so daß ihr Inhalt auf dem Loden umherfloß. Eine andere Notte schlug die verschlossenen Schränke ein und untersuchte deren Inhalt. Ein seidenes Kleid der verstorbenen Gutsfrau wurde vor den Augen des alten Gutsherrn in Stücke zerrissen, um zu Halstüchern verwendet zu werden. Die Leinwand der schweren Eichentruhen verwandelte sich in Zußlappen. „Da hast du auch etwas, Lauer," hatte einer der plündernden Soldaten zu dem Besitzer des Hofes gesagt und ihm einen Streifen des zerrissenen Stoffes zugeworfen. Ein trunkener Offizier hatte ihn, wohl mehr um ihn zu schrecken, so lange mit der flachen Klinge auf den Rücken geklopft, bis ihm ein Teil des nicht beiseite geschafften Geldes ausgeliefert worden war. In dem geräumigen Eßzimmer saßen Offiziere und Gemeine durcheinander und ver- zehrten die Vorräte der noch gefüllten Speisekammer, welche einige Soldaten, die ihr Gepäck abgelegt hatten, herbeitrugen. „Iß, Lauer, wenn du Hunger hast!" hatte ein gutmütig dreinschauender Leutnant dem Gutsherrn zugerufen, der vom Eingange aus dem Treiben zugeschaut hatte.
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