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1. Heimatkunde von Ostpreußen - S. 60

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
60 Ii. Heimatkunde der Provinz (Ostpreußen. Auf dem Gutshofe zeigte das Plünderungswerk ein anderes Bild. Aus dem viehstalle war ein Ochse geholt und geschlachtet worden, Oas noch warme Fleisch lag in mehreren Ivaschkesseln, welche die aufschlagenden Klammen um- lohten. In anderen versuchte man Kartoffeln zu kochen. Doch nichts kam zum Garwerden. Oie heißhungrige Schar stürzte sich auf den Inhalt der Gessel, ehe er noch zubereitet war. Oas vorhandene Getreide wurde in Säcke geschüttet und auf Schlitten fortgeführt. In den Scheunen durchstachen wiederum andere die Futtervorräte mit ihren Lanzen und Säbeln in der Annahme, dort könnten Wertsachen verborgen sein. Gegen Abend waren die Feinde in der Richtung auf Landsberg abgezogen, um einer neuen Schar von Plünderern Platz zu machen. Oasselbe Treiben hatte sich wiederholt. Oie sich wie wütend be- nehmenden Franzosen hatten die Gutsinsassen mehrfach mißhandelt, da diese nicht mehr ihre Wünsche erfüllen konnten. In den Jnsthäusern war es wie im Gutshause zugegangen. Oas Vieh war bis auf einige alte und magere Kühe fort- getrieben worden und hatte den ausgehungerten Franzosen der großen Biwaks in der Umgebung des Schlachtfeldes die Kochkessel gefüllt. Zuletzt wurden die Letten ausgeschüttet und die Bezüge mitgenommen, um zu Kußlappen und verband- stoff verwendet zu werden. Schließlich durchsuchte ein Soldat der Garde mit mehreren seiner Kameraden das schon so oft geplünderte Gutshaus, und da er nichts mehr fand, forderte er den Gutsherrn auf, ihm einen Grt zu weisen, wo noch etwas zu plündern wär^. Oer ging mit ihm hinaus ins Freie und zeigte ihm das erste beste Gehöft der Umgegend. Oabei war ihm ein Handschuh zur Erde gefallen, den der Gardist, scheinbar aus Höflichkeit, aufhob. Bald jedoch zog er seinen Säbel und forderte nicht allein den andern Handschuh, sondern auch die Stiefel des Gutsherrn. Und dann kam um die Abendzeit noch ein Haufe, vom Keller bis zum Dache wurde der alte Herrensitz nochmals durchstöbert. In einer Giebelkammer lagen noch einige Klachsbündel, die bisher keinen Liebhaber gefunden hatten- ihnen mußte wohl einer der Soldaten mit dem Lichte zu nahe gekommen sein. Oenn kaum hatten sie das Gebäude verlassen, als sich ein brandiger Geruch darin bemerkbar machte, der die geängstigten Hausbewohner ahnen ließ, was geschehen war. Und als dann die Wintersonne des nächsten Tages aufging, da fielen ihre kalten Strahlen auf ein bis zu den Ringmauern ausgebranntes Gebäude, das seinen einstigen Bewohnern keine Unterkunft mehr zu bieten vermochte. 9. Ostpreußen und die königliche Kamilie im Unglücksjahr 1806/07. vor den Heeren Napoleons hatte die königliche Familie im herbste 1806 nach Osten fliehen müssen. Königsberg war zu ihrem ferneren Aufenthaltsorte erkoren. Ooch auch dort war sie vor den Feinden, welche bald auch die östlichste Provinz des preußischen Staates besetzten, nicht mehr sicher. Trotz ihres durch Krankheit geschwächten Zustande? sprach die Königin Luise: „Ich will lieber in Gottes, als in die Hände dieser Renschen fallen." Im Januar 1807 wurde daher die Flucht nach Hlernei fortgesetzt, hier, im äußersten Nordosten des Reiches, hoffte man vor den Franzosen Ruhe zu finden. Oie Reise war äußerst beschwerlich und ging 20 Nieilen weit über die Kurische Nehrung. In strenger Kälte und dichtem Schneegestöber, das oft den fahrbaren
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