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1907 -
Kempten [u.a.]
: Kösel
- Autor: Stieglitz, Hans
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— G4 —
kleinlaut geklungen aus dem Munde der wenigen An-
dächtigen. — Wie gerne wäre auch der Herr Pfarrer
daheim gewesen in seinem stillen Kloster, drunten im
Jnntal. Da hat er es seinem Propste wenig gedankt,
daß er ihm die Würde eines Pfarrers in R. über-
tragen, die in den harten Kriegszeiten leicht zur Bürde
werden konnte.
Während er mit solch schweren Gedanken seine
Morgensuppe aß und sein Brevier schon hergerichtet hatte,
pm als frommer Gottesmann die Tagzeiten zu beten, him
er Stimmen vor dem Fenster. „Hilf, Himmel!" ruft er
erblassend, „da sind sie." — Und sie kommen in die
Stube und- reden und plappern. Aber der Herr Pfarrer
versteht ihr flinkes Französisch nicht. Als es ihm endlich
einleuchtet, daß sie Geld wollen, und ein Schnauzbart die
Pistole auf ihn richtet, da sucht er schnell sein dünnes
Geldbeutlein und stürzt den Inhalt vor. Aber die Krieger
lachen ihn aus, als er deutsch und lateinisch versichert,
das sei all sein Vermögen. Sie reißen Tische und
Schränke auf und wühlen, bis sie die Kirchenkassa finden,
die auch nicht überladen ist. Nun drohen sie heftiger, und
schon mancher Kolbenstoß hat den Pfarrer zum leidenden
Heiland aufblicken lafsen. Zuletzt nahmen sie den Pfarrer
in ihr Zeltlager mit, das draußen bis nach M. hinüber
aufgeschlagen war. Alle Kleider rissen sie dem Gefangenen
vom Leibe, peitschten ihn blutig und sperrten ihn ein.
Am nächsten Tage um den Hahnenschrei kam für die
Franzosen der Befehl zum eiligen Aufbruch. Da ließen
sie den Pfarrer nackt heimlaufen. Die Chronik berichtet
nicht, wie der Herr Pfarrer die Dezembernacht ohne Kleider
zugebracht, und ob er etwa einen Husten bekommen; aber
das wissen wir: Als der Pfarrherr sein Kirchlein be-
treten wollte, stand der greise Mesner vor der Tür
und deutete weinend auf den Altar. Das Tabernakel