1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Waterstraat, Hermann, Wehrhan, Karl
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Lehrerbildungsanstalt, Lehrerinnenbildungsanstalt, Mittlere Schule, Volksschule, Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
68 Heimatkunde von Pommern Ii.
Rathaus und der Nikolaikirche, deren Turm weithin auf See den Schiffern zum Ansegeln
diente.
Wer etwa um 1400 von Osten her in den Strelasund kam, empfing den ersten
Gruß aus Stralsund von den weithin ragenden Türmen der Kirchen aus. Fünf Land-
und sechs lvassertore gestatten den Zugang in die durch hohe, starke Mauern und
Türme beschirmte Stadt. Jedes lvassertor führte zu einer starken Lrückenanlage, die
das Beladen und Löschen der Schiffe gestatten. Zur Linken erheben sich in der Neu-
stadt das Heilgeistkloster und das „große" und das „Elendshaus", in dem alte, schwache
und kranke Leute von des Lebens Last und Mühe ausruhen können (auf der Stelle der
alten hauptwache). Reiche Stiftungen mildtätiger und frommer Leute kommen noch
heute den verlassenen zugute. Auf der rechten Seite führt der Steindamm zu dem
St. Iohanniskloster (Franziskaner), das in die Stadtmauer eingebaut ist und eine eigne
Landungsbrücke hat.
von den Gebäuden im Innern der Stadt ist das Rathaus das schönste. Seine
nördliche Fassade ist prächtig mit bunten Steinen und Wappen geziert. Daneben
erhebt sich die hochragende Nikolaikirche mit ihren zwei Türmen und dem Kapellen-
kränz am Thorumgang. Ihr Inneres zeigt reichen Schmuck an Altären, Grabsteinen
^nd künstlich geschnitztem Gestühl. Oer derbe Volkshumor der Niederdeutschen findet
seinen Ausdruck in einem wenig einladenden Vers am Gestühl der Krämerkompagnie:
Oat ken kramer is, de blief da buten oder ick schla em up de schnuten.
3n der Nähe steht der sehr ansehnliche Artushof, der aus Lösegeldern vornehmer
Herren (1316) gewissermaßen als Siegesdenkmal erbaut wurde, um als öffentliches
Gasthaus zu Gelagen, Hochzeiten usw. zu dienen.
An den Alten Markt stoßen sonst noch hohe Giebelhäuser mit vorbauten, die
den reichen Patriziern gehören, von diesen Häusern lenken besonders die Wohn-
Häuser der Abte von Neuenkamp (Kranzburg), hiddensee, des sundischen Pfarrherrn
und des Bürgermeisters Wulflam (Alter Markt 5) den Blick auf sich. Dieser stolze,
herrische Mann hat bei der Hochzeit seines ältesten Sohnes von seiner Wohnung quer
über den Markt bis zur Kirche feines englisches Tuch als Fußläufer ausbreiten lassen,
damit seine Gäste nicht den Staub der Straße mit in das Gotteshaus nahmen. Un-
gepflastert sind damals noch Markt wie Straßen, die zudem wenig sauber erscheinen.
Bäume vor den Giebelhäusern verleihen ihnen aber ein freundliches Aussehen.
In dem südöstlichen Teil der Altstadt ist die I a k o b i k i r ch e erbaut, deren
Turm ein schöner Spitzhelm aufgesetzt worden ist. Im Innern dieser Kirche bewundern
wir die hohen gotischen Spitzbogen und die Wandmalereien. Als drittes Gottes-
Haus ist die Marienkirche bemerkenswert, die nach dem Tinsturz von 1389 in neuer,
schönerer und größerer Gestalt wieder erstanden ist. Am Knieperteich haben sich die
Dominikaner ihre stattlichen Wohn- und Wirtschaftshäuser erbaut. Darüber hinweg
ragt die Katharinenkirche. Alle diese Lauten legen ein Zeugnis von der Tatkraft und
dem Lebensmut der Stralsunder ab, die ihre Stadt zu dem angesehensten Handelsort
Pommerns gemacht haben.
5. Die Reformation in Pommern,
a. Die kirchlichen Zustände um 1500.
fln der Spitze der pommerschen Geistlichkeit stand der Kamminer Bischof,
zu dessen Bezirk der größte Teil des Landes gehörte. Oer nördliche Teil Neu-
Vorpommerns unterstand in kirchlicher Beziehung dem Bischof von Schwerin,
die Insel Rügen dem dänischen Bischof von Roeskilde. Als den obersten kirchlichen
Herren gebührte den Bischöfen der Zehnte. Oer Kamminer Bischof hatte außerdem
reiche Einkünfte aus seinem Landbesitz, der mit den Städten Kolberg und Köslin