1911 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Heise, Ernst, Marquardt, Rudolf
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt, Präparandenanstalt, Lehrerseminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Über keinen geographischen Erdraum bestehen so irrige Vor-
stellungen und Beschreibungen wie gerade über die Wüste. Das
ungeheure Gebiet ist keineswegs eine einförmige, nur von
Dünenzügen unterbrochene Sandwüste. In Wirklichkeit sind
hier die mannigfachsten Bodenformen vertreten. Weite Sand-
und Dünenregionen, wie sie besonders im Nordosten der Sahara
(Sahara = Wüste, steinige Fläche), in der Libyschen Wüste und auch
im Nordwesten gegeben sind, wechseln mit Gebirgen [so erreicht das
Hochland von Tibesti, welches das Wüstenviereck in diagonaler
Richtung durchzieht und die Wüste Sahel im Westen von der
Libyschen Wüste im Osten scheidet, in einzelnen Teilen eine
Höhe von über 2400 m, zeigt die verschiedensten gebirgigen Formen
und baut sich in der Hauptsache aus Urgebirge (Granit und Gneis)
und vulkanischem Gestein auf^, steinigen Hochflächen, Becken
mit Salzseen und Salzsümpfen und fruchtbaren Oasengebieten.
Ebenso falsch sind gewöhnlich auch die Anschauungen über die
Höhenlage der Sahara. Man wähnt meist das ganze Gebiet
unter dem Meeresspiegel liegend, und doch beträgt die mittlere
Höhe dieser alten, teilweise von Kalk, Kreide und Sandstein
überlagernden Hochlandsscholle etwa 400—500m. Ihren Unter-
grund bilden ebenfalls Granite und Gneise, und die vorhandenen
Senkungsfelder, also auch die Oasen (auch das Niltal), sind als aus
dem Niedergange der Schollen dieser Gebiete entstandene Graben-
brüche, vereinzelt sogar als Depressionen (wie die Oase Siwa mit
— 32 m), anzusprechen.
In der Hauptsache aber zeigt die Wüste zwei charakteristische
Formen, die freilich wieder mannigfache Abstufungen und Schattie-
rungen aufweisen, nämlich die Steinwüste, welche dort, wo zahllose
kleine Steinchen vorherrschen, als Sserir, bei vorwiegenden Fels-
massen aber als Hammada bezeichnet wird, und die Sandwüste oder
Areg. Die oben erwähnte Rohlfsfche Expedition, welche in den Jahren
1873 und 1874 ausgeführt wurde, hat über die landschaftliche Mannig-
faltigkeit der Wüste it. v. a. m. viel Klarheit geschaffen, um so mehr,
als wir durch diese auch in den Besitz vorzüglicher photographischer
Aufnahmen gekommen sind. Sie hat uns zugleich auch darüber
belehrt, daß in keinem zweiten Wüstengebiet der Erde in so
fast greifbarer Weise das Resultat der Zersetzungsarbeit der
Erdoberfläche durch die atmosphärischen Kräfte zu finden ist, in
keinem anderen auch Wafserlosigkeit und absoluter Pflanzen-
mangel auf so ausgedehntem Flächenraum zum schärfsten Aus-
druck kommen, wie in der Libyschen Wüste.
Wo die Steinwüste vorherrscht, wie in der Umgebung der
Hochländer von Tibesti und Barka, in Tripolis und Nubien
sowie in der Arabischen Wüste, da ist der Boden von scharfkan-