Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Theil 1 - S. 200

1875 - Leipzig : Brandstetter
200 Krieg. In der Vorgeschichte führt Herodot alle, mit diesen Ereignissen in naher oder in ferner Verbindung stehenden Völker, durch Schilderung des Landes und der Sitten und durch Erzählung geschichtlicher Thatsachen mit feiner Hand in den Kreis seiner Darstellung ein, denn die Herodot'sche Geschichte ist zugleich eine übersichtliche Darstellung der geschichtlichen und der sittlichen Zustände der ganzen damals bekannten Welt. In der Geschichte der glorreichen Perserkämpfe schließt sich das weit und fein angesponnene Werk zu einem mit tiefster Begeisterung empfundenen, künstlerisch vollendeten Ganzen ab. Der Sieg des europäischen Wesens über das barbarische ist die eigentliche Idee des Buches und die fromme, ächt hellenische Anschauung von der göttlichen Ausgleichung und dem Maße in den menschlichen Geschicken bildet als leitende Idee den großen und würdigen Hintergrund. Der alte Herodot weiß viel zu sagen von dem Neide der Götter, in welchem er die göttliche Gerechtigkeit, die Nemesis, erkennt; er nimmt den Gang der Dinge als nach ewigem Rathschluß vorgezeichnet an; denn auch die Götter sind dem verhängten Loose unterworfen. Der Styl und die Ausführung des Werkes schließen sich unmittelbar an Homer an. Herodot ist „süßredend in dem silbernen Strom seiner Worte" und in seiner kindlich-erhabenen Einfalt voll strenger Gewissenhaftigkeit und Wahrheitsliebe^ Man nennt ihn den Vater der Geschichte, wie Homer der Vater der Dichtkunst heißt. ^ , Die Geschichte des großen Bruderkampfes, welcher die Macht und Freiheit von Hellas zerstörte, des peloponnesischen Krieges, hat Thu-kydides (470—402), ein reicher und vornehmer Athener, geschrieben. In dem thrakischen Kriege, in welchem Sokrates seine Soldatenschule machte, war Thukydides Befehlshaber einer athenischen Flottenabtheilung. Auch er fiel, wie alle bedeutenden Männer Athens, dem Undank und der Verbannung anheim. Auf seiner Besitzung an den Bergwerken des thrakischen Strymonflufses entstand das Geschichtswerk, welches zu den edelsten Erzeugnissen der Literatur gehört und als unübertroffenes Muster einen unvergänglichen Ruhm erlangt hat. Wenn Herodot den Gang der menschlichen Schicksale als nach dem Willen der Götter geordnet in einfachen großen Zügen darstellt, enthüllt Thukydides das ganze Gewebe menschlicher Leidenschaften und zeigt die geheimen Triebfedern der Handlungen, indem er den Zusammenhang des Geschehenen aus seinen Ursachen begreiflich macht. Mit der feinsten, schärfsten Zeichnung, der rücksichtslosesten Wahrhaftigkeit und einem tiefen sittlichen Ernste entrollt Thukydides die Bilder einer traurigen und entarteten Zeit; die Bitterkeit, die Verzweiflung, welche der Verfasser in seinem eigenen Geiste überwunden haben mochte, erheben sich in seinem Werke zu einer Anschauung, die in ihrer ruhigen Größe über alle Leidenschaften erhaben, unabänderlich und unerbittlich wie das ewige Schicksal waltet. Die äußere Darstellung entspricht dem inneren Gehalt des Buches, welches, bis in
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer