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1. Theil 2 - S. 424

1875 - Leipzig : Brandstetter
424 vollem Rechte: „Humanismus", well er eine milde menschliche Weisheit in sich schloß, die sich, im Gegensatz zu der alten Scholastik, dem vollen Leben zuwandte. . _ .. . Solche Bestrebungen übten ihren Einfluß nicht nur tm Kreise der Gelehrsamkeit und Kunst; der Rückschlag auf Religion und Moral hielt der günstigen Errungenschaft das Gegengewicht. Es ist nicht schwer zu begreifen, wie bei den damaligen religiösen Zuständen die Anhänger der platonischen Weisheit, die Akademiker, und der aristotelischen Philosophie, die Peripatetiker, die zwei feindliche Parteien bildeten, das Evangelmm und die christliche Weltanschauung über den Lehren ihrer Meister vergaßen Man fand in den gebildeten Kreisen der Gesellschaft Gefallen an den heidnischen Vorstellungen und Ansichten und überließ die Lehren des Christenthums dem ungelehrten Theile des Volkes. Aberglauben und Unglauben gingen Hand in Hand und die sttutche Verdorbenheit, deren wir in der Geschichte der letzten Päpste gedacht, konnte Raum finden neben der glänzendsten Geistesbildung und dem gelehrtesten Wissen. Doch wenden wir uns zu einer in ungetrübtem Glanze strahlenden Seite des italienischen Geisteslebens am Schluß des Mittelalters, zu seiner Poesie, in welchem es unbestritten den Gipfel der Kunst und die Krone des Ruhmes errang. Während die deutschen Dichter in dem poetischen Halbdunkel einer märchenliebenden, jugendlichen Phantasie spielten, stand in Italien em Dichter auf, der, „ein Herr des höchsten Gesanges, über den anderen gleich einem Adler fliegend," den Ruhm, welchen er selbst mit diesen Worten dem alten Vater Homer spendet, auf sein eigenes Haupt gesammelt hat und wohl würdig ist, mit dem unsterblichen griechischen Sänger und dem späteren großen Genius der Bnten veremt , das Triumvirat der höchsten Dichterweihe für alle Zeiten und alle Zander darzustellen. Den „göttlichen Dante"*) nennt ihn sem Vaterland; doch erst nach seinem Tode hat es seinen vollen Werth erkannt, und die Nachwelt hat die Krone auf sein Grab gelegt, welche seine Zeitgenossen tm Kampfe wilder Parteizwiste ihm vorenthielten. „Groß und unglücklich zu sein ist der Spruch, der auf der Slirne Derjenigen steht, welche die Vorsehung für ihre höchsten Plane auserwählt" So hat Dante Alighieri den Sturm emes wechselvollen Geschickes in trüber Zeit getragen. Als Ghibellme verbannt, seiner Güter beraubt, stand er fest und ungebeugt ^ edlen Stolze semes Bewußtseins. Wie Homer einst das freie, freundliche Leben der alten hellenischen Welt in ewigen Gesängen verherrlichte, so stellte Dante den tiefen, ernsten Geist der mit Christus beginnenden neuen Welten emer wundersamen Dichtung — der divina comedia — dar. emeti *) Florentiner, geb. 1265, t 1321.
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