1908 -
Frankfurt a. M. Leipzig
: Neumann
- Autor: Dilcher, Adolf, Schwarzhaupt, Wilhelm, Walther, G.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule, Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Endlich ist auch die Lage an dem Main für die Entwicklung der Stadt
von großer Wichtigkeit. Der Main ist hier so breit und tief, daß er größere Schiffe
zu tragen vermag. In früheren Zeiteu war die Schiffahrt durch deu meist niederen
Wasserstand im Sommer gehindert. Rheinschiffe konnten nur selten mainauswärts
bis Frankfurt gelangen; die stromaufwärts kommenden Güter mußten daher in
Mainz umgeladen werden. Um diesen Mißstand zu beseitigen und einen durch-
gehenden Schiffsverkehr vom Rhein nach Frankfurt zu ermöglichen, wurde der Fluß
auf der Strecke von Mainz bis Frankfurt kanalisiert.
2. Handel. Infolge dieser günstigen Lage hat sich Frankfurt zu einem
Verkehrsmittelpunkte entwickelt. Schon :m Mittelalter war sein Handel von
großer Bedeutung. Damals gehörten seine Messen zu den Hauptmärkten
Europas. Sie waren so stark besticht, daß die Zahl der anwesenden Fremden oft
40000 betrug. In unserer Zeit haben die Messen jedoch, mit Ausnahme der Leder-
messe, ihre Wichtigkeit verloren. Dagegen hat sich der Geldhandel zu besonderer
Höhe emporgeschwungen. Die Börse Frankfurts ist nach derjenigen Berlins
die bedeutendste Deutschlands. Auch eiue Reihe großer Bankgeschäfte und Ver-
ficheruugsgesellschafteu haben hier ihren Sitz. Wie sehr Frankfurt Geldstadt ist,
ergibt sich schon daraus, daß die Reichsbaukhauptstelle einen jährlichen Geschäfts-
umsatz von etwa 9000 Mill. Mark hat und darin nur von Berlin und Hamburg
Übertroffen wird.
Neben dem Geldhandel blüht auch der Warenhandel. Für die Erzeug-
nisse des Main- und Rheintales: Getreide, Wein und Obst, ist Frankfurt ein
Hauptstapelplatz. Seine Pferdemärkte zählen zu den bedeutendsten von ganz
Deutschland; die allwöchentlich stattfindenden Märkte für Schlachtvieh und Getreide,
die täglichen Märkte in der Markthalle, sowie der Obstmarkt, der im Herbste ab-
gehalten wird, zeichnen sich gleichfalls durch starken Besuch und großen Umsatz
aus. Auch in Häuten und Fellen ist der Handel bedeutend. Unter den Erzeug-
nissen der Industrie kommen für den Handel hauptsächlich Eisen- und Wollen-
waren in Betracht. Der gesamte Güterverkehr Frankfurts beträgt ungefähr 2 Mill.
Tonnen, von denen mehr als die Hälfte auf dem Wasserwege befördert wird. Seit
der Eröffnung der Kanalisation hat sich auf dem Main ein stetig wachsender Schiffs-
verkehr entwickelt. Ungefähr 3000 Schiffe kommen jährlich in dem Hafen an; die
gleiche Zahl geht auch von hier ab, und das Gewicht der von ihnen beförderten
Güter beläuft sich jährlich auf durchschnittlich 11ß Mill. Tonnen. Die vom Rhein
kommenden Schiffe bringen Getreide aus Amerika, Rußland und den Donauländern,
Eisen- und Wollenwaren aus den gewerbreichen Gebieten des Niederrheins, die
Erzeugnisse der Kolonialländer, wie Kaffee und Gewürze u. a. m. Die zu Tal
fahrenden Schiffe führen Holz und Bausteine aus dem Spessart und dem Oden-
wald, Fabrikate aus Frankfurt und der Umgebung und mancherlei Erzeugnisse
der bayrischen und thüringischen Industrie. Eine großartige Ausdehnung hat
auch die Kohlenzufuhr angenommen. Nicht minder bedeutend ist der vom oberen
und mittleren Main kommende Floßverkehr.
Ein erfreuliches Bild des lebhaften Schiffverkehrs gewährt der Hafen, den
die Stadt mit einem Kostenaufwand von 7 Mill. gebaut hat. Er ist 560 m lang
und kann 50—60 Rheinschiffe von 70 m Länge und 10 m Breite aufnehmen.
An dem Ufer dehnen sich eine Wersthalle und geräumige Lagerplätze aus. Zwei
große Lagerhäuser dienen zur Lagerung des Getreides und der verschiedenen anderen
Güter. Zahlreiche Kranen bewirken eine rasche Ent- und Beladung der Schiffe.
Ein Schienengeleise stellt den uumittelbareu Anschluß an die Eisenbahn her. Auf
der linken Flußseite befindet sich der hochwasserfreie Kohlenhafen. Durch die Main-
stauuug ist das ganze Flußbett oberhalb des Hafens ans eine Strecke von 2800 m
in einen natürlichen Hafen verwandelt worden, so daß die Schiffe auch längs der
Ufer der Stadt ent- und beladen werden können.
3. Industrie. In neuerer Zeit gewinnt auch die Industrie immer mehr
an Bedeutung. Dies erhellt schon aus der Tatsache, daß mehr als *ho der Be-
völkerung gewerblich tätig ist, während dein Handel nur etwas mehr als V» der
Bewohner obliegt. Frankfurts Industrie dieut vorwiegend den Anforderungen
des häuslichen und geschäftlichen Lebens. Obenan steht die Metallverarbeituug.