1908 -
Frankfurt a. M. Leipzig
: Neumann
- Autor: Dilcher, Adolf, Schwarzhaupt, Wilhelm, Walther, G.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule, Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die Landschaften am Unterlauf der Seine und Somme und an
der Küste sind reich an feuchten Wiesen, fruchtbaren Feldern und ertrag-
reichen Obsthainen. Die Landbewohner beschäftigen sich deshalb mit
Ackerbau und Viehzucht. In den größeren Städten hat sich dagegen
eine blühende Industrie entwickelt. Spinnerei und Weberei sind be-
denteud in Ronen (rna„), Amiens (amtälu1) und Lille (Iii). Von den
Küstenstädten haben Calais (falä) und Bonlogne (bulonj) bedeutenden
Verkehr nach England. Le Havre (lö awr) ist der Haupthafen für die
Einfuhr von Baumwolle, Cherbonrg (schärbür) ein stark befestigter
Kriegshafen.
6) Klima und Erzeugnisse. Die klimatischen Verhältnisse sind nach der geo»
graphischen Lage und der Bodengestalt der einzelnen Landschaften sehr verschieden.
Die Tief- und Hügelländer haben ein angenehmes, mildes Klima, in den Gebirgs-
gegenden dagegen ist es rauh, an der Südküste oft heiß und trocken. — Der Acker-
bau steht in hoher Blüte. Im Norden baut man besonders Getreide- und Ge-
spinstvflanzen sowie Zuckerrüben, in Mittelsrankreich außerdem noch Wein, Obst
und Gemüse, im Süden Wein, Mais und Südfrüchte. Zur Ausfuhr gelangen
besonders seine Obstsorten, Olivenöl und vorzügliche Weine. Der jährliche Durch-
schnittsertrag des Weinbaus beträgt ca. 1000 Mill. Mark. Doch hat die Reblaus
in den Weinbergen große Verheerungen angerichtet. — Da die Waldbestände in
früheren Zeiten stark gelichtet worden sind, so ist das Land arm an Wald; doch ge-
schieht jetzt viel für die Aufforstung der öden Flächen. Die Viehzucht blüht irr
der wiesenreichen Normandie, die Schafzucht auf den trockenen Hügeln Mittelfrank-
reichs. An Pferden hat Frankreich Mangel. Im Süden treten die Maultiere an
ihre Stelle. — An Mineralien hat Frankreich besonders Kohle und Eisen, aber
nicht soviel wie England und Deutschland. Seine Industrie ist bedeutend. Welt-
berühmt sind die geschmackvollen Luxus- und Modewaren aus Paris, die Seiden-
stosse aus Lyon, die Gewebe und Spitzen aus Lille und Rouen, die Porzellanfabrikate
von Sevres sßäwr).
e) Tie Bewohner. Aus der Vermischung der Gallier, Römer und Franken,
die nacheinander das Land eroberten, bildete sich das Volk der Franzosen. Es
zeigt zwar nach den einzelnen Landschaften große Verschiedenheiten, hat aber eine
gemeinsame Sprache und ist durchweg römisch-katholisch. Nur die Bretonen im
Nordwesten Frankreichs, die Basken im Südwesten und die Italiener an der
Riviera haben ihre angestammte Sprache bewahrt. Für die Ehre und den Ruhm
ihres Volkes, das sie gern „die große Nation" nennen, sind die Franzosen begeistert.
Mit Stolz erinnern sie sich der Zeiten, als sich vor Napoleon I. die Völker und Fürsten
Europas beugen mußten. Die staatlichen Umwälzungen des letzten Jahrhunderts
und der Krieg von 1870/71 haben jedoch das Ansehen Frankreichs und seinen
Wohlstand schwer geschädigt. Seit dem Sturze Napoleons Iii. ist Frankreich eine
Republik, deren Präsident auf 7 Jahre gewählt wird. — Das Land ist in De-
partements (döpart'mangs) eingeteilt.
f) Zu Frankreich gehört noch die Insel Korsika mit der Hauptstadt Ajaccio
(ajätscho). Geburlsort Napoleons I. Außerdem besitzt Frankreich noch Kolonien
in Afrika, Asien, Amerika und der australischen Inselwelt.
§ 101. Das Königreich Belgien.
(Doppelt so groß als das Königreich Sachsen. 7 Mill. meist katholische Einw.)
Belgien liegt auf der Abdachuug des französischen Grenzgebirges
nach dem Niederrhem hin und hat eine sehr günstige Lage zwischen
Deutschland, Frankreich, Holland und dem Meere. Es gliedert sich
landschaftlich in Hoch- und Niederbelgien.
a) Hochbelgien nimmt den südöstlichen Teil des Landes ein, wo
Ausläufer der Ardennen und der Etfel in einer Höhe von 400 in das