1872 -
Leipzig
: Merseburger
- Autor: Renneberg, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Lehrerseminar, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule, Mittlere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
64
Die dünne Bevölkerung dieser Striche vermag nur von Viehzucht ihren
Unterhalt zu gewinnen. Das südl. Brasilien, wo die mannshohen Gras-
fluren mit ihren zahllosen Herden von verwilderten Pferden und Rin-
dern vorherrschend sind, ist das eigentliche Land der ausgedehntesten
unermeßlichen Viehzucht.
Das Klima eines so großen Landes ist natürlich in den einzelnen
Provinzen sehr verschieden. Fast überall unterscheitet man nur zwei
Jahreszeiten, die trockene und die nasse. Am herrlichsten erscheint das
Klima im Tieflande des Amazonenstromes. Irrt allgemeinen ist die
Küste heiß und feucht, aber nicht ungesund; in ihrem südl. Theile findet
der Europäer sogar sein vaterländisches Klima wieder. Dasselbe gilt
auch von den meisten inneren Gegenden, nur daß hier, wo die Wälder
selten sind, oft mehrere Jahre hinter einander eine verderbliche Dürre
herrscht.
Die vorzüglichsten Produkte sind Kaffee, Zucker, Baumwolle,
Reis und Farbeholz. In sehr großen Mengen werden Gold und Pla-
tina, besonders aber Diamanten gefunden.
Den überwiegenden Theil der Bevölkerung und die eigentlichen
Arbeiter machen die Neger aus, von denen nur ein geringer Theil frei
ist, doch soll bis 1900 die Sklaverei völlig aufgehoben sein; sie betrei-
den den Plantagenbau, den Bergbau, die Diamantenwäschereien und zum
Theil auch die Handwerke. Die weißen Einwohner find hauptsächlich
Portugiesen. Die Indianer, meist noch frei lebend, weichen vor
der Civilisation immer weiter in die Wälder zurück.
Brasilien ist die einzige (constitntionelle) Monarchie der neuen
Welt und war früher portugiesische Kolonie. Recht angebaut und be-
kannt sind bis jetzt erst die Küstenprovinzen. Man sucht jetzt vornehm-
lich deutsche Ansiedler in das Land zu ziehen, und es giebt besonders in
den südlichen Theilen des Reiches bereits mehrere deutsche Kolonien mit
80,000 deutschen Einwohnern.
Die wichtigsten Städte, an der Küste gelegen, sind von N. nach S.
Pernambnco, 85,000 Einwohner, von wo aus das meiste Farbeholz (Bra-
silienholz), welches dem ganzen Lande den Namen gegeben hat, ausgeführt wird.
Bahia oder San Salvador, die frühere Hauptstadt Brasiliens, liegt an der Aller-
Heiligenbai und hat 180,000 Einwohner, die lebhaften Handel treiben. Festung. Univers.
Rio'de Janeiro (dfchanero) oder bloß Rio, 400 000 Einwohner, liegt fast unter
dem Wendekreise des Steinbocks in aufsteigender Richtung überaus malerisch am
Meeresufer. Sie ist die Haupt- und Residenzstadt und der erste Handelsplatz des
Landes mit dem größten und sichersten Hafen der Erde. Rio, Bahia und Bunos-
Ayres sind die größten Städte Südamerikas. Im Innern des Reiches liegt Quo-
ropreto (früher Villa Rica), Hauptstadt des Diamanten- und Goldbezirks.
Iv. Guyana.
Das fruchtbare aber ungesunde Küstenland von Guyana ist jetzt
noch der einzige Theil Südamerikas, der sich im Besitze der Europäer
und zwar der Engländer, Niederländer und Franzosen befindet. Wirklich
angebaut und bekannt sind nur die Küsten und die Thäler der zahlreichen
Küstenflüsse. Ein heißfeuchtes, ungesundes Klima, Überschwemmungen,
weite Sumpfstrecken und Moräste, sowie dichtverwachsene Urwälder ver-
hindern das Eindringen in das Innere.
Unter den Naturerzeugnissen ist besonders die häßliche Kröte Pipa
und die wunderbare Blume Victoria Regia zu nennen, die auf dem