1872 -
Leipzig
: Merseburger
- Autor: Renneberg, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Lehrerseminar, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule, Mittlere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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zu sein. Dazu kommen häufige Erdbeben. Noch vor wenigen Iahren
haben sie ganze Städte und Dörfer zerstört und tausende von Menschen
dem gräßlichsten Tode überliefert. Zwei Vulkane sind noch immer in
Thätigkeit. Der Vesuv (1096™— 3510'), ein freistehender Kegel im
südl. Theile der kampanischen Ebene, und der Aetna (3280™ —10,500')
auf Sicilien, ebenfalls ein riesenhafter Kegel ohne Zusammenhang mit
der benachbarten Gebirgskette.
Die zu Italien gehörigen Inseln sind sämmtlich gebirgig.
Größe und Bevölkerung. Ganz Italien mit seinen Inseln zählt
auf 5375 mm. 25 Mill. Einw. (1 : 4700). Am dichtesten ist die Be-
völkerung in der Lombardei und in S. Marino, am schwächsten auf
Sardinien.
Die Ureinwohner nebst den früher zugewanderten Völkern (Griechen,
Selten u. a.) erhielten durch die Römer ein gemeinsames Gepräge. Dazu
kamen später Germanen, Araber, Spanier, Franzosen. Aus der Mischung
dieser Nationengingen die heutigen Italiener hervor, deren Sprache, eine
Tochter der lateinischen, in mannigfachen Mundarten gesprochen wird, unter
denen die toscanische als die wohlklingendste zugleich die Schriftsprache
bildet. Die herrschende Religion ist die römisch-katholische, doch werden
andere christliche Bekenntnisse, die jedoch nur sparsam vertreten sind, ge-
duldet. —
Kultur. Die Italiener, im allgemeinen durch Schönheit des Kör-
Perbaues und Lebhaftigkeit des Gesichtsausdruckes und Geberdenspiels aus-
gezeichnet, sind kunstliebend, heiter, mäßig, oft sehr sparsam, doch auch
vergnügungssüchtig, aufbrausend und rachgierig. Bettelei, Raub und
Mord (Banditen) sind sehr häusig. Während viele sich in den bildenden
Künsten und in der Musik auszeichnen, leben ganze Volksklassen in Unwis-
senheit und Aberglauben. Trotzdem ist Italien noch immer die Heimat der
schönen Künste. Unsere Maler ziehen noch immer dorthin und stndiren die
Werke eines Titian, Rafael, Correggio und vieler anderer Künstler. Als
große Dichter glänzen Dante, Ariosto, Tasso u.a.; eine gewisse dichterische
Anlage ist Besitzthum des ganzen Volkes. Die Musik endlich ist in Italien
erst recht zu Hause. Keiue Sprache schmiegt sich den Tönen besser und
schmeichelnder an als die italienische. —Noch immer strömt alljährlich eine
große Anzahl von Reisenden über die Alpen, um unter Italiens heiterem,
tiefblauem Himmel die herrlichsten Gegenden, die ehrwürdigen Reste des
Alterthums (Autiken), die erhabenen Schöpfungen der neueren Kunst zu
bewundern.
Die Benutzung des Bodens entspricht im allgemeinen nur im
N. und im Arnothale den günstigen klimatischen Verhältnissen und der
natürlichen Beschaffenheit des Landes. Ueberhanpt ist in Bezug auf
(Zivilisation, Wohlstand und geistige Bildung ein Abnehmen gegen S. hin
unverkennbar, so ist auf Sicilien nur die Hälfte des einst so einträg-
lichen Bodens angebaut. Die wichtigsten Zweige der Beschäftigung
sind Bau von Mais, Reis, Olivenöl, die Seidenzncht in der Po-
ebene, die Rind Viehzucht und die damit verbundene Bereitung von
Käse, dessen vorzüglichste Gattung Parmesankäse heißt, die Gewinnung
edler Südfrüchte, Weinbau (nur in Nw. erheblich) Fischerei. Sämmt-
liche Erwerbsquellen könnten noch bedeutend erhöht werden. Der Bergbau
liegt ganz darnieder. Der Seehandel hat sich in neuerer Zeit wieder ge-