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1. Deutsche Kulturgeographie - S. 99

1912 - Halle an d. Saale : Schroedel
21. Die deutsche Industrie. 99 Nur das leise Zittern der Drahtseile, an denen die Motore der Kräne die Gießpfannen hochwinden, läßt die Schwere der Lasten erkennen, die, scheinbar leicht schwebend, nun zu der Gußform ge- tragen werden. Ein Ruck an einem seitlichen Hebel der Pfanne lüpft den Stopfen, der die Ausflußöffnung an ihrem Boden schließt, und nun ergießt sich der Stahlstrom aus jeder Pfanne unter weit sprühendem Funkenregen in die Formen. Dreißig Tonnen Stahl in jeder Gießpfanne, das macht einen Block von sechzig Tonnen. Einen gleich schweren Block sehen wir eben in dem Schiff nebenan aus dem Ofen hervorholen. Während die Tür vorne sich hebt, fährt eine Lokomotive die bewegliche Ofensohle heraus. Der oarauf liegende Stahlblock, eine Bramme von etwa 1 m Dicke, 3 m Breite und 5 w Länge, strahlt uns mit seiner blendenden Weißglut so heftig an, daß wir schleunigst in respektvolle Ent- fernung zurückweichen. Ein vierschenkliger Haken hat unterdes den Block von zwei Seiten gefaßt und auf die Walzenstraße gelegt, deren weitgeöffnete Walzen ihn t nun in ihren eisernen Griff nehmen. Zwischen den Walzen, die sich bei jedem Gange enger stellen, hin und hergehend, streckt sich das Ungetüm mehr und mehr. Bei der Berührung mit der Luft hat sich die Ober- fläche mit einer Schicht Hammerschlag bedeckt. Es treten jetzt Leute vor und werfen Reisig auf die Platte; unter Entwicklung einer hochaufschlagenden Lohe und mit einem Geknatter wie von einem Gewehrfeuer geht es mit der Platte unter der Walze durch, weithin einen Regen von sprühenden Funken und glühenden Holzstückchen entsendend. Doch bald sehen wir, daß diese knallenden Laute den Hammerschlag mit fortreißen und die blanke hellrote Oberfläche des Stahles wieder erscheint. Unterdes ist der ungefüge Block schon erheblich schlanker geworden. Aber noch oft muß er zwischen den Walzen hin und hergehen, ehe er auf das Maß von etwa 30 em Dicke gebracht ist. Zur Platte ist der mächtige Block nun schon geworden, aber damit er ein echter Panzer wird, d. h. die Glashärte der Oberfläche erhält, die die Kruppschen Panzer- platten so berühmt gemacht haben, muß die Platte noch manche Ofenerhitzung, manche Abschreckung in kalten Bädern erleiden. Gewaltige Biegepressen müssen ihr die nötige Rundung geben, damit sie sich an den Schiffskörper anschmiegt. Fräs- und Hobel- Maschinen müssen die Kanten bearbeiten, damit sich Platte fest an Platte fügt. In keiner Werkstattanlage kann uns eindringlicher zu Gemüt geführt werden, welche Wärme- und Kraftenergien der Mensch in der modernen Eisenindustrie meistern gelernt hat. Wenngleich die industrielle Stellung Deutschlands auf dem Weltmarkte ihren festesten Grund- und Eckstein an den Leiswngen des „Ruhrreviers" hat, so haben doch auch andere deutsche Gebiete ähnlich hohe industrielle Bedeutung, z. B. das sächsische, dessen Mittelpunkt für die Eisenindustrie schon seit Jahrzehnten Ehem- nttz_ ist. Der Hüttenbetrieb Oberschlesiens eifert dem der Rheinlande und Westfalens mit Erfolg nach. Die allgemeine Ver-
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