1913 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Verleger, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Bielefeld
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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89. Nöte Bielefelds im Dreißigjährigen Kriege.
m Dreißigjährigen Kriege war unser Vaterland der Tummelplatz
rauher Kriegshorden aus fast ganz Europa. Unsagbar groß
war das Elend und die Not der armen Bewohner des platten Landes
und auch der geschützten Städte. Weder Freund noch Feind schonte
den Bauersmann und den Städter. Jeder nahm, was er fand und
kriegen konnte; denn rauh war die Zeit und wild die Sitten. Der Krieg
mußte den Krieg ernäbren.
In den Nöten und Drangsalen des langen, langen Krieges hatte
auch die Grafschaft Ravensberg und unsre Stadt Bielefeld viel zu
leiden. Die fortwährenden Truppendurchzüge, die vielen Ein-
quartierungen und Kämpfe ließen die erschreckten Bewohner nicht zur
Ruhe kommen. Die geringe Truppenmacht der Grafschaft, etwa
150 Manu, vermochte nichts gegen die fremden Heere und die wilden
Kriegesbanden auszurichten. Schon 1615 begann die Leidenszeil
unfrer Heimat. Damals bemächtigten sich die Holländer auf Branden-
burgs Veranlassung der Stadt und des Sparenberges. Im November
1621 suchte Herzog Christian von Braunschweig, bekannt unter dem
Namen „der tolle Christian", mit seinem zuchtlosen Heerhaufen
Ravensberg und die Stadt Bielefeld heim. Im Anfang des Jahres
1623 lagerten Truppen der Liga unter dem Feldmarschall Graf von
Anholt drei Nächte in der Grafschaft Ravensberg. Als die
holländischen Truppen, die noch das Land besetzt hielten, ihnen den
Durchzug verwehrten, erzwangen sie ihn sich, plünderten und braud-
schätzten. Brennende Dörfer und rauchende Trümmerhaufen kenn-
zeichneten ihren Weg. Im Juli 1623 fah sich Christian von Braun-
schweig, der mit seinem Heere in der Gegend von Göttingen stand,
durch Tilly bedroht. Er mußte sich nach den Niederlanden wenden
und zog in Eilmärschen durch unsre Gegend. Eine Anzahl Wagen,
die am Sparenberge ineinandergesahren waren, ließ er zurück. Tilly
folgte ihm auf dem Fuße. Er durchzog die Senne und kam am Abend
des 1. August in Brackwede an. Von da rückte er über Halle in das
Münsterland ein. Im Oktober des Jahres rückte von Lippstadt her
ein aus Spaniern und Neuburgeru bestehendes Heer unter dem Grafen
Johann von Rietberg in Ravensberg ein und belagerte den Sparen-
berg. Er war mit holländischen und brandenburgischen Truppen stark
besetzt und mit Lebensmitteln und Schießbedarf gut versehen. Trotz-
dem übergab der Burgkommandant Wilhelm von Viry, ohne einen
Mann verloren zu haben, nach einigen Wochen dem Feinde die Burg.
Während der Belagerung verheerten die spanischen und ueuburgischen
Kriegsvölker alles, was ihnen vorkam. „Sie hielten übel Haus mit
allerhand mühsam gesammelten und eingeernteten Kornfrüchten, Mast-
und feisten Schweinen und auderm Vieh, an Pferden, Kühen, Rindern,
Hammeln, Schafen, Hühnern und Gänsen." Nach der Einnahme der
Burg und Stadt hatten die Protestanten viel zu leiden. Man nahm
Verleger, Heimatkunde von Bielefeld. 2. Teil. 9