1895 -
Leipzig [u.a.]
: Klinkhardt
- Autor: Brust, Gustav
- Hrsg.: Berdrow, Hermann
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Realschule, Mittlere Lehranstalten, Lehrerseminar, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Mittelschule, Realschule, Selbstunterricht, Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Ii. Das Tiefland der großen Htromjysteme.*)
Wodenform und Gewässer.
§ 206. Das südamerikanische Tiefland nimmt etwa zwei Drittel der
Gesamtfläche des Kontinents ein und gliedert sich in
die Llanos des Orinoco,
die Selvas im Gebiet des Amazonas und
die Pampas des Rio de la Plata, welche im 8. in die patagonische
Hochfläche übergehen. Diese Ebenen bildeten in der Vorzeit riesige Meerbusen,
welche „tief in den Erdteil eingriffen, die Bergländer von Guayana und
Brasilien isolierten und sich bis an den Fuß der Anden und des karibischeu Ge-
birges erstreckten." Die Ströme bilden vortreffliche Verkehrswege in das
Innere und öffnen Südamerika gegen den atlantischen Ocean, sind also für
die Knltur des Erdteils von hohem Wert.
1. Die Llanos (spr. ljknos), der nördliche Teil des südamerikanischen
Tieflandes, sind unabsehbare, von niedrigen Höhenrücken und tiefen Flußriuuen
durchzogene Ebenen mit besonderer Steppenvegetation. In der Regenzeit er-
scheinen sie, von höher liegenden Stellen gesehen, wie „ein gewaltiges Meer,
dessen wogende Grasmassen mit Recht den Wellen des Oeeans verglichen
werden können." Diese ausgedehnten Savannen (von der Größe des deutschen
Reiches und Frankreichs) bieten besonders im wasserreichen Westen vorzügliche
Weidegründe (die sog. Esteros) für zahlreiche Rinder- und Pferdeherden. Die
Höhenzüge und Uferlandschaften der meistens dem Orinoco zuströmenden
Flüsse durchqueren das weite Gebiet als bewaldete Streifen. In jüngerer
Zeit sind infolge der Verminderung der Herden anch auf den Savanneu selbst
Baumgruppen und Haine entstanden, die der Landschaft ein parkartiges Aus-
sehen verleihen. — Der wasserreiche Orinoco entspringt im südwestlichen
Teile des Hochlandes von Guayana (Serra Parima), umfließt dieses Hochland
in einem großen, nach 0. geöffneten Bogen und mündet mit einem zwölf-
armigen Delta (von der Größe der Provinz Sachsen) in den atlantischen
Ocean. Er nimmt beiderseits eine große Anzahl (über 400) Nebenflüsse auf
und bildet am Westabfall des Hochlandes die großartigen Katarakte von
Maipures und Atures**), welche den Schiffsverkehr zwischen dem Ober^ und
dem Unterlaufe des Stromes unterbrechen.
*) Erforscher: In den Llanos Humboldt (1800), Crevaux (1s80) n. in den
Selvas Spix und Martius (1819/20), Prinz Adalbert von Preußen (1842), Agassiz
(1865), Crevaux (1877/78), von den Steinen (1884), Ehrenreich (1889); in den Pampas
Tschudi (1858), Burmeister (1861) u. a.
**) Gedicht: Der Aturen-Papagei, von E. Curtius (s. Humboldt, Ansichten der
Natur, Bd. I, Schluß).