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1. Länderkunde der fremden Erdteile - S. 118

1908 - Langensalza : Beyer
118 Afrika. Ägypten würde deshalb gleich der Wüste eine Einöde sein, wenn nicht der Nil wäre. Ihm verdankt das Land seine große Fruchtbarkeit. Inwiefern wohl? Er überschwemmt regelmäßig das breite Tal und befruchtet es mit seinem Wasser und mit dem mitgeführten Schlamm. Regelmäßig beginnt der Strom Mitte Juni zu steigen und wechselt allmählich seine Ufer. Vorher hell und durchsichtig, fließen plötzlich seine Wellen bald trübgrün, bald braun- rot dahin und steigen ununterbrochen empor, weit hinaus über das gewohnte Bett und überfluten das ganze Tal bis zum Fuße der fernen Berge. Bald ist das Festland verschwunden und das Tal in ein weites Meer verwandelt, aus dem Hunderte kleiner mit Städten und Dörfern und Palmenhainen besetzter Inseln hervortreten. Wochenlang, bis in den September hinein, steht das Land unter Wasser. Dann verläuft es allmählich; der Strom geht nach und nach in seine Ufer zurück und das Land tritt stückweis aus dem Wasserspiegel hervor. Sofort begiunen die Bewohner mit dem Aus- streuen der Saat. Ohne den Acker zu bestellen, nicht einmal Furchen braucht man zu ziehen, streut man den Samen in den aufgelösten Boden und treibt höchstens die Ziegenherden darüber hinweg, damit diese die Köner tiefer in den Boden eintreten. Alles andere überläßt der Bewohner der Sonne und dem Nil und kehrt erst wieder, wenn die Halme unter der Last der vollen Ähren zur Erde sinken, um sie mit der kurzen Sichel abzuschneiden und eine zweite Aussaat vorzubereiten. Aber worin hat das regelmäßige Steigen und Fallen des Nilstroms seinen Grund? Die Ursache der Überschwemmungen liegt in den reichen Niederschlägen seines Quellgebietes Die Quellen des Nils liegen in der heißen Zone nahe dem Äquator. Hier in den Tropen fallen die stärksten Regengüsse nach dem Eintritt des höchsten Sonnenstandes (Zenitalregen). Diese Regengüsse wandern mit der Sonne. Am frühesten treten sie unter dem Äquator ein, also in den Gebieten des Viktoriasees, und rücken dann allmählich immer weiter nach Norden vor. Der Nil sammelt die Wasser- massen und trägt sie nordwärts; die großen Zuflüsse führen ihm immer neue Wassermassen zu und jeder spätere Regen vermehrt die Wassermenge des Stromes, so daß dieser dann über die Ufer tritt und das Tal mit seinem befruchtenden Naß überflutet. So ist die große Fruchtbarkeit Ägyptens ein Geschenk des Nils und der Nil der „Vater des Segens". Und trotzdem konnte, wie wir aus der Geschichte Josephs wissen, auch über Ägypten „teure Zeit" hereinbrechen! Wie war dies möglich? Nicht immer fallen die tropischen Regen in den Quellgebieten des Nils so reichlich, daß der Strom das ganze Tal überfluten kann, nicht selten kommt es vor, daß der Wasserstand nicht die nötige Höhe erreicht, dann bleiben weite Strecken des Tales unbefruchtet und können keine Ernte geben. Für Ägypten bedeutet dies jedesmal eine teilweise Hungersnot.^) i) Plinius sagt: „Bei einer Höhe von 10 Fuß entsteht Hungersnot, selbst bei 13 Fuß herrscht noch Mangel, 14 Fuß erregen Frohsinn. 15 Sorglosigkeit, 16 aber allgemeinen Freudenrausch." — Wenn das ganze Tal überflutet werden soll, muß der Nilpezel bei Kairo eine Höhe von 8.5 m anzeigen.
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