1908 -
Langensalza
: Beyer
- Autor: Fritzsche, Richard
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Mittelschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
4. China und seine Nebenländer. 251
Die erstaunliche Fruchtbarkeit des Bodens führte die Chinesen zum
Ackerbau, und die hohe Volkszahl drängte zu einer intensiven Ausnutzung
des Bodens. Zwar gibt es noch weite Strecken, die bis heute noch nicht
unter den Pflug genommen sind; aber dennoch wird die Bodenkultur
allerwärts aufs sorgsamste betrieben. Wo es notwendig ist, hat man künst-
liche Bewässerungsanlagen geschaffen, während andere, an Wafferüberfluß
leidende Landschaften künstlich entwässert worden sind. Durch den rastlosen
Fleiß der Bewohner ist die Ergiebigkeit des Bodens noch wesentlich gesteigert
worden. Infolgedessen ist das Land in den Stand gesetzt worden, durch
seinen Ackerbau den Bedarf an Brotkorn für die ungeheure Volksmenge
vollständig zu decken. Daher gilt der Ackerbau auch als die vornehmste
Beschäftigung der Chinesen und steht bei hoch und niedrig in größtem An-
sehen. Um die hohe Bedeutung des Ackerbaus für das Reich zu zeigen
und dem Bauernstand Achtung und Ehre zu erweisen, pflügt der Kaiser der
Chinesen nach altem Brauche alljährlich mit eigner Hand eine Furche auf
dem „heiligen Acker" bei Peking.
Die Chinesen zeichnen sich durch große Handgeschicklichkeit aus; infolge-
deffen hat sich unter ihnen auch das Kunstgewerbe frühzeitig entwickelt.
Die Industrie ist äußerst mannigfaltig. Neben der Seidenindustrie sind
noch die verschiedensten Gewerbe zu hoher Blüte gediehen. Durch künstlerische
Ausführung und feinen Geschmack zeichnen sich besonders die Porzellan-
waren, Schildpattsachen und Lackwaren aus, und auch die Holz-,
Stein-, Elfenbein- und Hornschnitzereien sind sehr geschmackvoll. Be-
deutend entwickelt ist die Papierbereitung, und auch vorzügliche Metall-
arbeiten, besonders feine Bronzewaren werden hergestellt.
Die Kultur der Chinesen ist uralt, vielleicht älter als die der Ägypter.
Sie sind die Erfinder der Porzellanfabrikation und der Buchdruckerkunst, und
Papier, Schießpulver und Kompaß waren ihnen schon lange vor Christus
bekannt. Daneben stand auch die Baukunst in hoher Blüte, und manches
großartige Bauwerk legt Zeugnis ab von der rastlosen Tätigkeit der Chinesen.
Sie schufen z. B. den großen Kaiserkanal, der die Hauptstadt Peking
mit dem Süden des Landes verbindet (Größe des Kanals gleich der Linie
Ostsee-Adriat. Meer), und bauten die große chinesische Mauer, die ihr
Land gegen die Einfülle der Nomadenvölker der Wüste Gobi schützte.
Im Bewußtsein, aus eigner Kraft ihre Kultur geschaffen zu haben,
verschmähen die Chinesen alles Ausländische und blicken mit Stolz und Ge-
ringschätzung auf alles Fremde herab; deshalb haben die Chinesen sich auch
bis in die neueste Zeit vollständig von der Welt abgeschlossen und den
Fremden den Zutritt in ihr Land verwehrt. Dadurch haben sie sich zwar
ihre Eigenart bis heute bewahrt, aber ihre Kultur, die einst in so hoher Blüte
stand, ist infolgedessen erstarrt und in ihrer Entwicklung zurückgeblieben.
Erst seit einigen Jahrzehnten ist China dem Weltmarkte angeschlossen
und eine Reihe chinesischer Häfen dem Handel geöffnet worden. Seitdem
beginnt die europäische Kultur auch in China Wurzel zu schlagen und ihren
Einfluß geltend zu machen. Obwohl China erst sehr spät und auch nur erst
zum kleinen Teil dem Welthandel erschlossen worden ist, so spielt es doch
bereits im Handelsverkehr eine bedeutsame Rolle und bringt bereits große