1900 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
56 Das Karpatenland und die Ungarische Tiefebene.
liehe Nachbarlandschaft, das Böhmische Stufenland, dessen
Landschaftsbild im I. Bande des Lehrbuches im Zusammenhang
mit den Deutschen Landschaften betrachtet wurde, mit ins
Auge zu fassen.
Böhmen. In dem vortrefflich angebauten böhmischen
Lande finden wir ausser einem ausgedehnten Getreide- und
Zuckerrübenbau noch drei besondere Kulturen, deren Blüte in
den Naturverhältnissen des Landes begründet liegen ; es sind der
Flachsbau, Obstbau und Hopfenbau. Der Hauptsitz des
Flachsbaus ist der dem Wolkenzuge zugekehrte W e s t a b h a n g
der Sudeten, der wegen seiner reichen Niederschläge für
diese Kultur wohl noch besser als der Ostabhang geeignet ist.
Für den Obstbau siud die tief gelegenen und daher geschützten
und warmen Thäler der Elbe und Moldau, besonders nörd-
lich von Prag, sehr günstige Gebiete. Der Hopfenbau hat
sich hauptsächlich iu dem nordwestlichen Teile des Gebietes
verbreitet, wo ihm sonnige Hügel zur Verfügung stehen.
Zwei von diesen Kulturen, der Flachs- und der Hopfen-
bau, sind die Grundlagen bedeutender Industrien ge-
worden. Im Flachsbaugebiete steht die Leinenindustrie seit
alter Zeit in Blüte, und neben ihr haben sich auch andere
Zweige des Textilgewerbes, Baum wo 11- und Wollspinnerei
und -weberei, sowie die Strumpf Wirkerei eingebürgert.
Hauptsitz dieser Industrien ist Reich en b erg (32 Ooo E.). Im
Gebiet des Hopfenbaus hat allmählich das Bierbrauereige-
werbe einen grossen Aufschwung genommen. Mittelpunkt desselben
ist Pilsen (5ou00e.), dessen helle Biere nach vielen Ländern der
Erde versandt werden.
Der Böhmische Obstbau.
Der Obstbau bildet nicht wie Flachs- und Hopfenbau die Grundlage
einer heimischen Industrie, ist aber doch eine Quelle des Wohlstandes
geworden. Böhmisches Obst wird viel ausgeführt und spielt z. B. eine
Hauptrolle auf dem Berliner Markt. Zwei günstige Umstände begrün-
deten die wirtschaftliche Bedeutung des böhmischen Obstbaues, das unmittelbare
Angrenzen des Obstbaugebietes an schiffbare Flüsse, an Moldau und
Elbe, und das ausgebildete Kanalnetz Brandenburgs. Das Obst kann
von Böhmen auf dem Wasserwege nach Berlin gebracht werden. Da es an ge-
nügender Rückfracht fehlt, werden die grossen Kähne zusammen mit der Obst-
ladung verkauft. So hat mit dem Obstversand auch der Bau von grossen
Holzkähnen zugenommen, wofür die ausgedehnten W a 1 d u n g e n des Gebiets
der oberen und mittleren Moldau das Holz liefern Es ist dies ein treff-
liches Beispiel, wie gute Verkehrs- und Absatzverhältnisse
das wirtschaftliche Leben nach vielen Richtungen hin günstig
beeinflussen.
Andere Industrien als die früher genannten verdanken
ihr Erblühen mineralischen Schätzen, an denen das Land reich
ist. Das Becken von Mittelböhmen umschliesst mächtige
Lager einer Braunkohle, die sich durch eine besondere Güte
auszeichnet. Eme ausgedehnte Fabrikthätigkeit gründet sich