1900 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Das Karpatenland und die Ungarische Tiefebene.
noch rebenbegränzte Berghöhen begrüssen konnten. Das ebene
linke Ufer ermöglichte die Ausbreitung einer grossen Stadt, Pest.
Die Berghöhen des rechten Ufers, an die sich die alte Stadt Ofen
anlehnt, gestalten zusammen mit dem Stromspiegel der Donau die
Lage der ungarischen Hauptstadt zu einer unvergleichlich
schönen.
Budapest, die glanzvolle Hauptstadt Ungarns.
Wenn man von der linken, also der Pester Donauseite hin-
überschaut nach der Ofen er Königsburg, so vermag man sicli
das Gesamtbild nicht schöner vorzustellen. Eine prächtige Hänge-
brücke verbindet die beiden ungleichen Stadtteile. Sie führt uns
hinüber nach der Ofener Seite, wo wir durch enge und bergige
Strassen hinaufsteigen, um einen Blick über die neue Stadt Pest
zu haben. Dieser fehlt, weil sie ganz in der Ebene liegt, trotz
ihrer riesigen Ausdehnung, das malerische Gepräge, das Ofen aus-
zeichnet. Aber die grossartigen Gebäude, die das Donauufer in
einer Stundenlänge einfassen, und unter denen das neue ungarische
Reichstagsgebäude den ersten Rang behauptet, geben ein Bild von
der heutigen Grösse und Bedeutung der glanzvollen
ungarischen Hauptstadt. Budapest wurde im Jahre 1873
aus den Städten Pest, Ofen, Altofen und Steinbruch ge-
bildet und wuchs seitdem schnell zu einer Stadt von 675000 E. an.
Die Stadt Pest wurde früher von der alten Hauptstadt Ofen, in der
sich auch heute noch die meisten Regierungsgebäude befinden, weit übertroffen.
Es zählte 1820 erst 30000 E. Die in schnellem Wachsen begriffene Stadt
macht mit ihren schönen Gebäuden, ihren glänzenden Geschäftsstrassen und mit
ihrer herrlichen Donaupromenade und neuen Ringstrasse, sowie mit ihren vor-
züglichen Verkehrseinrichtungen, unter denen besonders die Untergrundbahn
hervorgehoben sei, einen ganz neuzeitlichen Eindruck. Bei der Mille-
niu msausstellung i. J. 1896 konnte sie den Nationen den grossen Auf-
schwung Ungarns überzeugend vor Augen führen.
Südlich von Budapest verflacht sich bald auch das rechte
Ufer der Donau, und die Fahrt stromabwärts lässt uns auf einer
sehr langen Strecke ein höchst einförmiges Land schauen. Wir
sehen, wie sich der Strom in seiner ungebundenen Freiheit
ausbreitet, wie er sich willkürlich verzweigt und bei Hochwasser
wreite Landstrecken überflutet. W a s s e r t ü m p e 1 und Sümpfe um-
gehen seine Ufer. Weit zurück liegen die Felder, weit zurück meist
auch die Ortschaften, die erst in der Ferne hinter dem Schilfsaume
der Ufer auftauchen. Wir bemerken kaum ein Fliessen des
Wassers in der fast ebenen Landschaft. Das Gefälle des Stromes
hört fast auf. Von Budapest (104 m) bis zur Donaumündung
(82 m) auf einer Laufstrecke, die in gerader Richtung 250 km
lang, mit den Krümmungen aber viel länger ist, beträgt es nur
22 km. Hieraus erklärt sich die ganze Natur des Strombildes von
selbst. Während der Fahrt bemerken wir, dass die beiden Ut er
der Donau nicht völlig gleich beschaffen sind. Das