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1. Die Landschaften Europas - S. 178

1900 - Trier : Lintz
178 Das Mündungsgebiet des Rheines, der Maas und der Scheide. Rathaus, sowie die stattlichen Zunfthäuser und andere altertümliche Ge- bäude, die diesen denkwürdigen Platz, der in der Geschichte der Stadt eine grosse Rolle gespielt hat, einfassen. Der Geist der Neuzeit aber atmet uns entgegen, wenn wir die vornehmen Geschäftsstrassen im Innern der Stadt und die herrlichen Boulevards, die dieselbe kreisförmig umgeben, durchwandern. Von Brüssel führt uns der Eisenbahnzug nordwärts durch die rinder- reichen Wiesenfluren der Senne über Mecheln nach Antwerpen. Hier lenken wir unsere Schritte zuerst nach der Kathedrale, einem herr- lichen gothischen Bauwerke, und zum Groote Markt (= grosser Markt), wo ähnlich wie in Brüssel das alte Stadthaus und die alten Gilden- häuser unsern Geist in die Geschichte der Stadt zurücklenken. Die gegen- wärtige Bedeutung Antwerpens als Schiffahrts- und Handelsplatz aber erkennen wir am Ufer der schiffsbelebten Scheide und beim Anblicke der grossartigen H a f enan 1 a g e n, die sich von dem Strom abzweigen. Vom andern Ufer der Scheide schauen trotzig die starken Festungswerke zu uns herüber, die bestimmt sind, die wichtige Stadt im Kriegsfalle vor feindlichen Angriffen zu schützen. Zur Weiterfahrt benutzen wir die durch das Waasland nach Gent führende Bahn. Ein schöner Rückblick bietet sich uns auf Antwerpen, und noch lange nach der Abfahrt reckt sich aus der ebenen Landschaft der mäch- tige Turm der Kathedrale empor. Das Waasland überrascht uns durch die Dichtigkeit seiner Besiedelung. Uberall, wohin wir blicken, liegen schmucke Gehöfte und freundliche Dörfer, und zwischen ihnen breiten sich Wiesen und Felder aus. Baumreihen oder hohe Hecken fassen diese ein, und hier und da schliessen auch Waldstreifen dieselben ab. Die wohlgenährten Rinderscharen, die wohlgepflegten Gemüse- und Obst- gärten bieten einen erfreuenden Anblick dar. Wir fahren an dem gewerbreichen Loker en vorbei, wo auf grossen B1 e i c h e n weisses Linnen ausgebreitet liegt, und erreichen nach kurzer Zeit die alte Stadt Gent. Mehr noch als Brüssel und Antwerpen hat Gent das Bild seiner Vergangenheit erhalten. Uberall stehen Gebäude, die an diese erinnern, Kirchen, Schlösser, Turmreste und alte Häuser. Ein eigenartiges Gepräge er- hält die Stadt durch die zahlreichen Kanäle, die sie durchschneiden, und über die, damit der Schiffsverkehr nicht gestört wird, meistens drehbare Brücken führen. Wir sehen uns fortwährend auf unserer Wanderung durch die Stadt gehemmt und zu Umwegen gezwungen. Die Scheide und ein bei Gent mündender Nebenfluss führen den Kanälen das Wasser zu. Doch ist das Kanalnetz der Stadt auth mit dem noch weit entfernten Meere durch einen Kanal, der ursprünglich zum Schutze gegen Überschwemmungen angelegt war, jetzt aber auch dem Schiffsverkehr dient, verbunden. An das Stadtbild schliessen sich ringsum Bleichen und Gärten mit Treibhäusern zur Blumenzucht an. Wieder fahren wir durch W i es en 1 a n d s c h af t e n dahin. Ein grosser Baumreichtum zeichnet dieselben aus. Von Bäumen sind alle Wege, die zahlreichen Wassergräben und die Grenzen der einzelnen Wiesenabschnitte ein- gefasst. So fühlen wir uns oft in eine Parklandschaft versetzt, bis Herden weidenden Viehs und der Flügelschlag der Windmühlen uns wieder in das Bild bäuerlichen Lebens versetzen. Aus dem Wiesen- und Baumgrün der Landschaft taucht plötzlich ein Stadtbild vor uns auf. Kirchtürme wachsen in die Höbe, und zahlreiche Wind- mühlen drehen ihre nie rastenden Flügel. Es ist Brügge, die Stadt, die am treuesten von allen belgischen Städten die Bauweise des Mittelalters bewahrt hat. In den von kleinen Giebelhäusern umrahmten stiljen Strassen, auf deren Pflaster jetzt stellenweise Gras üppig wuchert, erraten wir kaum die frühere Grösse und Macht Brügge's, das sich einst die mächtigste Handelsstadt Europas nennen durfte. Doch auf dem grossen Marktplatze, wo wir vor dem mächtigen Beifried, dem Hallenturme, stehen, wird die frühere Glanzzeit, in der die Stadt 200000 E., vier mal so viel als heute, zählte, in uns wach.
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