1900 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Rückblick auf frühere Kulturzeiten.
wurde nach Scheffield, dem grossen Werkzeugenmarkte, durch Vlamländer
verpflanzt, in deren Familien sich diese Kunstfertigkeit bis zur Gegenwart ver-
erbt hat. Nächstdem war der französische Einfluss der stärkste. Die
vielen Tausende von Seidenwebern, Färbern und andern Arbeiterklassen, die in
der Zeit der Religionsverfolgung aus französischen Städten auswander-
ten, so dass in vielen die Einwohnerzahl auf die Hälfte sank, wandten sich
meistens nach England, wo sie mit offenen Armen empfangen und in der ersten
Zeit mit Geld reichlich unterstützt wurden. In London allein wurden 35 fran-
zösische Kirchen eröffnet. So wurde also durch fremde Einwanderer,
besonders durch Niederländer und Franzosen, der Grund zu der spätem
grossartigen Blüte der britischen Industrie gelegt.
Unter der Königin Elisabeth war der englische Handel so
erstarkt, dass die fremden Kaufleute entbehrlich wurden. Sie jagte
die Hanseaten aus dem Londoner Stahlhof und hob ihre
Rechte auf. Unter ihrer Regierung erhielt das Reich im Innern
ein so festes und starkes Gefüge, dass es seine Blicke nun
auch mehr nach aussen richten konnte. Mit der Zerstörung
der grossen spanischen Armada i. J. 1588 beginnt die Vor-
herrschaft Englands auf dem Meere. Ein anderer Geist wurde
nun wach, der kühne Seefahrer- und der schlaue Handels-
geist. Aus ihm erwuchs Englands Grösse. Im Jahre 1600 er-
folgte, noch unter Elisabeth, die Gründung der Ostindischen
Compagnie. Die Vorzüge der Inselnatur Grossbritanniens
machten sich nun geltend. Von den zahlreichen Kriegen, die die
Festlandsmächte untereinander führten, blieb es meistens völlig
unberührt. So konnte es ungestört an die stete Vergrösserung des
Kolonialbesitzes denken und den aufeinander eifersüchtigen oder
.sich befehdenden Festlandsmächten manche wertvolle Kolonie
entreissen. Holland musste Ceylon und Südafrika, Frankreich
seine nordamerikanischen Besitzungen, Spanien Gibraltar preis
geben. Ganz Vorderindien und ein Teil von Hinterindien
wurde britischer Besitz und auf Australien, Neuseeland und
in Afrika entstanden neue Kolonieen. Der wertvollste Kolonial-
besitz Grossbritanniens und Irlands wurde Vorderindien. Die
englische Königin führt zugleich den Titel „Kaiserin von Indien".
Ein grosser australischer Staatenbund unter britischer Ober-
herrschaft ist in der Entstehung begriffen, und in Südafrika wird
sich ein solcher mit der Zeit wohl ebenfalls bilden. In Nordamerika
vermochten zwar die jetzigen Vereinigten Staaten ihre Selbständig-
keit zu erkämpfen ; aber nördlich von ihnen blüht eine neue eng-
lische Kolonie, Canada, kräftig auf. Die Herrschaft über die
Meere aber wird gesichert durch zahllose Stützpunkte an fast
allen Gestaden für die seegewaltige Flotte.
Mit der Vergrösserung des Kolanialbesitzes wuchs
der englische Handel immer mehr. Allen neu erworbenen
Gebieten strömten aus dem Mutterlande Kolonisten zu, und eng-
lisches Geld schuf überall gewerbliche Unternehmungen, die neue
Quellen des Reichtums wurden. Hierzu kam, dass das Mutterland
auch selbst noch eines immer höhern wirtschaftlichen Aufschwungs
fähig war. Durch seinen Reichtum an Kohle war es im stände,